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Dienstag, 25. September 2018

Die Rose Betty Prior in unserem Garten

„Wann fangt Ihr an, Euren Garten zu machen?“ Dietberts Frage mochte unschuldig klingen. Aber sie traf. Die Apfelbäume Alkmene und James Grieve wuchsen immerhin schon seit zwei Jahren im Garten. Madame erweiterte stetig das Beet und der Hartriegel hatte schon einen Winter über geleuchtet. „Aber..“, setzte ich an. Dietbert war schneller: „Ich habe da noch Rasenmähtipps für Euch“ Und Dietbert verschwand.

Ja, der Garten wuchs und gedieh. Aber nur im hinteren Teil des Grundstücks. Vorne lagen noch die Bauschuttreste des Bungalows. Die Wasser-Uhr-Grube hatte sich in eine schneckenbewohnte Schlammgrube verwandelt und die Wiese/Lehmstaubwüste Richtung Straße hatte sich noch nicht von den Baumaßnahmen erholt. Dennoch: wozu grabe ich hunderte von Narzissen ein, nur damit Dietbert blöde Fragen stellt!

Hallo, Betty Prior.


Immerhin, damit ist es vorbei. Dietbert, der in seinem Garten einen englischen Rasen, 400 Quadratmeter Schotter und zwei formgeschnittene Kirschlorbeers hat, erzählt nun von Maja Lundes „Geschichte der Bienen“ und wie schlimm das alles ist mit dem Bienensterben. „Die Geschichte der Bienen solltet Ihr unbedingt lesen! Da bekommt man großen Respekt vor der Natur!“

Unsere teil-naturnahe-wiesenintegrierte Gartengestaltung sieht er immer noch nicht als vollwertig an. Und auch den dezenten Hinweis, dass es bei uns Insekten bis zum Abwinken gibt, ignoriert er. Immerhin, er ist allein. Den Rest der Nachbarn konnten wir mit Hilfe einiger durchdringend pink leuchtenden Rosen, die bis November durchhalten, davon überzeugen, dass unser Garten absichtlich so aussieht, wie er aussieht.

Willkommen, Rose, die so aussieht, als würde sie auch ganz ohne Sonne leuchten. Hallo, Betty Prior.

Mittwoch, 12. September 2018

Abbaden in der Nordsee Dithmarschen

Nordsee-Sonnenuntergangs-Baden im Herbst; Stinteck-Wesselburenerkoog..

2017


Dieses leichte Stechen im Oberschenkel, wenn das kalte Wasser kalt bleiben möchte. Die Herbstsonne strahlt über den Deich und die letzten Strandkörbe. Die Reste des ersten Herbststurmes im Jahr 2017 wurden bereits weggeräumt. Jetzt zeigt sich ein Dithmarscher Spätsommeridyll aus grünem Deich, dem Imbiss neben der Deichkrone, einer einsamen Dusche und plätscherndem Wasser, das bei Hochwasser gegen die Steine des Böschungsschutzes pfumpt. Gelbe, in der Sonne leuchtende Andreaskreuze markieren die Stellen, an denen Schwimmer auf die Buhnen achten sollten. Das Meer lädt ein.

Nordsee bei Stinteck. Hohes Hochwasser.

Dennoch: September. Die Wärme der Sonne reicht für die obersten zwei Zentimeter des Wassers. Danach fängt das leichte Stechen an. Es geht auch nach fünf Minuten im Wasser nicht weg. Es ist kalt. Einige Schwimmzüge helfen. Das Salz treibt nach oben, der kaum zu spürende Wellengang macht keinen Unterschied. Eine einzelne abgerissene Alge treibt vorüber.

Eine Radfahrerin unterhält sich mit Madame, die gerade versucht per kalter Dusche Temperaturgewöhnung zu betreiben. Sie beschwert sich, dass es hier flach ist. Ist es gar nicht. Nicht, wenn man den höchsten Punkt der Flut abpasst und dann auch noch harten festen Sand unter den Füßen erwischt.

September 2017. Die drei letzte Strandkörbe und das Meer.

Leichtes Schaukeln des Wassers. Kämpfen mit dem Auftrieb im fast unbeweglichen Salzwasser. Wenn man lang genug wartet, sticht der Kälteschmerz nicht mehr so sehr am Bein, wandert nach oben. Wissen, warum man schwimmt. Schweben in der Weite des Meeres, von oben strahlende Sonne, von schräg oben das Kreischen der Möwe, ein leichter Salzgeschmack auf den Lippen.   

Stinteck, Dithmarschen. Dorf am Deich. Nicht allzu weit entfernt vom Touristenmagnet Büsum und doch mehr ein Strand, 20 Ferienhäuser und ein halbes Dutzend Restaurants und Bistros. Der nächste Supermarkt oder Bäcker sind in Autoweite oder die Brötchen-werden-kalt, das Eis-fängt-an-zu-schmelzen-Fahrradweite entfernt. Einer dieser seltsamen Dithmarscher Unorte, deren komplettes Leben aus vorbeiradelnden Pärchen im Partnerlook besteht.

2018