Samstag, 20. Januar 2018

Jaffa - Shakshuka - kochen im Slow Cooker?

Tomatensauce mit Ei. Shakshuka. Sie wanderte von Jaffa in unseren Crockpot. Von der israelischen Dr.-Shakshuka-Variante könnte ich mich bis an das Ende meiner Tage ernähren. An der Perfektionierung der Heim-Version arbeiten wir noch. Aber wir bewegen uns auf einem guten Weg.


Bei Dr. Shakshuka

Shakshuka


Shakshuka ist das Gericht der Stunde. Hatten wir es doch bis 2016 nur via unserer israelischen Nachbarn kennengelernt, und dann einmal im Fernsehen gesehen, so scheint es nun allgegenwärtig. Twitter-Streams, Blogs, Zeitungsartikel: Sie alle überschlagen sich mit Shakshuka-Artikeln und -Rezepten.

Das ist verständlich. Nicht nur schmeckt dieses Gericht sterbenslecker, sondern scheint auch für den Anfang einfach zuzubereiten zu sein. Shakshuka-Esser ernähren sich vegetarisch und Low-Carb. Seine beiden Hauptzutaten - Tomaten und Eier - stellen fast niemanden vor Probleme. Die orientalisierende Gewürzkombi, die dem Gericht seinen Geschmack gibt, hat sich dank Döner, Shawarma, Falafel und Ähnlichem auch in Deutschland etabliert. Das Prinzip „Tomatensauce“ haben die Deutschen dank Nudeln und Pizza schon lange auf den Thron gehoben.

Shakshuka ist nun eine Art Tomatenpaste. Man koche Tomaten, Gewürze und etwas Paprika lange ein. Am Ende werden Eier darin aufgebraten. In der Küche reichen wenige Zutaten und die Zubereitung wirkt technisch wenig anspruchsvoll. Das bedeutet natürlich auch: Bei Shakshuka handelt es sich um eines der Gerichte, bei denen man Jahre benötigt, um sie zu perfektionieren.




Dr. Shakshuka


Der Shakshuka-Perfektion ziemlich nahe kommt der folgerichtig so benannte Dr. Shakshuka.

southpark im Old Jaffa Hostel


Dr. Shakshuka kannten wir aus dem Fernsehen. Zu den Sendungen, die wir tatsächlich regelmäßig im Stream nachsehen, gehört Kitchen Impossible. Köche schicken sich um die Welt, um dort dann die jeweilige Spezialität nachzukochen. So auch in dieser folgenreichen Episode: es ging nach Israel.

Dort traf der nach Jaffa beorderte österreichisch-portugiesische Spitzenkoch auf diesen Menschen, der einfach aussah, wie ein Koch auszusehen hat. Ein ehrgeiziger Koch, in sich ruhend, sofern das Sinn ergibt. Der residiert in einem Lokal, das genauso aussieht, wie man sich in Deutschland ein unkompliziert orientalisches lokal vorstellt. Shakshuka ist mittlerweile ein israelisches Nationalgericht und Dr. Shakshuka hat daran maßgeblichen Anteil. Er hat das eigentlich aus Nordafrika stammende Gericht in Israel verbreitet und popularisiert.

Dr. Shakshuka und sein Restaurant residieren in der Altstadt von Jaffa. Jaffa existiert seit mehreren tausend Jahren als Hafenstadt am Mittelmeer. Aus einem ihrer Vororte entwickelte sich Tel Aviv, während Jaffa selbst sich wenig entwickelte. Heute ist Jaffa ein historischer Anhang von Tel Aviv. Uns erinnerte es dort an das St. Pauli oder das Schanzenviertel der frühen 1990er. Teilweise schlecht beleumdet, teilweise schon von Studenten, Backpackern und abenteuerlustigen Tel Avivern bevölkert.

Hier wohnt die beste Bäckerei des Großraums Tel Aviv. Hier existieren schicke Cafés ebenso wie ein gutes Dutzend Läden für gebrauchten Großküchenbedarf. In der Mitte liegt das Restaurant von Dr. Shakshuka. Hier steht das Old Jaffa Hostel, eine Mischung aus Jugendherberge, Hippiekommune und Hotel, in dem wir ein bizarres Zimmer bewohnten. Von Dr. Shakshuka aus konnten wir in wenigen Minuten in unser Bett rollen.

Abouelafia-Bäckerei. Das härteste am Jaffa-Aufenthalt war die Entscheidung, wo wir uns vollfressen.


Das Restaurant: Ein großer Laden, mit großem Innenhof. Einfache Tische, Plastikstühle. Die Karte liegt auf ein A2-Blatt Papier gedruckt auf dem Tisch. Obwohl nebenan bei unseren ersten Besuch eine italienische Schulklasse aß, wirkte das Ambiente und drumherum überraschend wenig touristisch - da dann halt doch wie das St. Pauli der 1990er, das schon irgendwie schick wird, aus der Nähe aber doch noch abgerockt war.

Bei den Preisen des Doktors – wir suchten länger auf der Karte, wo der geheime Zuschlag liegt(*). Nachdem Madame und ich am Toten Meer knapp 20 Euro für eine mittelmäßige Pizza bezahlt hatten, wollten wir hier die Preise von 10 Euro für Shakshuka oder knapp 25 Euro für ein vielgängiges Tasting-Menü nicht glauben. Aber nein, keine geheimen Zuschläge. Die Kellner bringen das Essen schnell und zeigen sich aufmerksam. Als wir einmal den Fehler machten ein Schälchen leer zu essen, um uns Platz auf dem Tisch zu verschaffen, kam natürlich sofort das Schälchen voll gefüllt wieder zurück. Im weiteren Verlauf des Abends gesellte sich auch noch der Dr. persönlich auf den Hof, am Tisch sitzend und telefonierend. Er sah genau so aus wie im Fernsehen.

Bleiben wir bei der Shakshuka, Haupt- und Höhepunkt des Tasting-Menüs. Zum Geschmack im Allgemeinen: ich hätte kein Problem damit, das nächste halbe Jahr nur noch dieses Essen zu essen.
Spezifischer: es war pastöser/fester als gedacht. Noch sehr viel aromatischer und stärker gewürzt und auch deutlich schärfer als wir erwartet hätten. Die Eier waren soweit verrührt, dass die Eiweiße nicht mehr als solche erkennbar waren. Da wir bei einem unserer Aufenthalte in die Küche sehen konnten, sahen wir auch, dass dort ein großer Topf mit Tomatensauce hing. Dieser sah so aus, als würde er dort sehr lange hängen, die Sauce dementsprechend durcharomatisieren, bevor dann am Ende Tomate und Ei in kleine Pfännchen kommen und fertig zubereitet werden.

So satt.


Crocky


So saß ich dann im Flugzeug. Ich hatte am Terminal im Ben Gurion Airport noch einmal das Gericht in seiner Flughafen-Variante gegessen, trauerte Jaffa nach und überlegte, wie wir wohl Shakshuka zu Hause machen. Grundlage ist eine lange eingekochte Tomatensauce. Da sollte sich doch mit dem Crock Pot etwas machen lassen. "Lang eingekocht" klingt wie ein Verb nach Crockys Vorlieben. Zu Hause dann geschah das Wunder.

Meine Haupt-Crocky-Informationsquelle, das Crocky-Blog hatte just ein Rezept gepostet. Ich sah, wandelte ab und experimentierte. Im Wesentlichen drehte ich nach meinen Jaffa-Erfahrungen die Menge aromatisierender Zutaten auf: viel mehr Knoblauch kam ins Essen, viel mehr Zwiebeln, jede Menge mehr Gewürze und mehr scharf. Um die Sauce in Richtung Paste zu bewegen, werfe ich die fertige Sauce dann noch einige Zeit in die Pfanne und lasse sie einkochen.

Rezept


Das Rezept benötigt noch einige Jahre des Feintunings. Wie das halt bei scheinbar einfachen Rezepten gerne ist. Hier der derzeitige Zwischenstand (für einen 5,7 Liter Crockpot) Die Menge reicht für zwei Personen für mehrere Tage:

Zutaten


Tomaten aus der Dose (gute): zwei große Dosen normale Tomaten, zwei kleine Dosen Datteltomaten.

Cocktailtomaten (frisch)

Tomatenmark

Zwei Spitzpaprika (für die Sauce)

Zwei Spitzpaprika (für die Pfanne)

Zwölf Eier

Zwei Möhren

Vier bis fünf Zwiebeln

Mehrere Knoblauchzehen

Salz, Pfeffer, Kreuzkümmel, Zimt, Muskat, Chili

Nach Wunsch: viele kleingeschnittene Chilis

250 ml Brühe

Zubereitung Schritt 1: Pfanne


Zwiebeln, Knoblauch, Möhren, Paprika klein schneiden und anbraten.



Schritt 2: Crocky


In den Crocky füllen. Mit den Dosentomaten, Tomatenmark, Brühe und Gewürzen auffüllen. Auf „Low“ für 10 Stunden.


Zubereitung Schritt 3: Pfanne


Eine halbe Spitzpaprika klein schneiden und anbraten. Mit der Tomatensauce dünn auffüllen – die Menge im Crocky sollte insgesamt etwa für vier große Pfannen reichen. Paprika und Sauce weiter einkochen lassen. Einige frische Cocktailtomaten hinzufügen. Drei Eier in die Pfanne schlagen. Mit dem spitzen Ende eines Kochlöffels so die Eier verrühren, dass sich das Eiweiß verteilt, die Eigelbe aber ganz bleiben. Wenn das Eiweiß geronnen ist, ist die Shakshuka fertig und kann serviert werden.


Aromagranate.

 

Weiterlesen


Alle Iberty-Posts zum Thema Essen und Trinken sind unter Kultur in Iberty! gelistet.

Mehr zum Crocky an sich: Erste Schritte mit Crocky - ein Erfahrungsbericht mit dem Slow Cooker.

Anscheinend haben nicht nur wie jene ominöse Kitchen-Impossible-Folge gesehen. Seit ihrer Ausstrahlung haben sich die Shakshuka-Nennungen in Deutschland vervielfacht. Laut einem nicht vertrauenswürdigen Dawanda-Shop  „das beliebteste Gericht 2016“ Diverse Köche wie das Crocky-Blog oder das Feinschmeckerle nehmen auch direkt darauf Bezug.

Spannend bleibt, wie sehr die Rezepte variieren. Mit Paprika oder ohne? Dosentomaten oder frische Tomaten? Israelis scheinen überwiegend der Meinung zu sein, dass Zwiebeln in dem Gericht nicht zu suchen haben – andererseits, verkochen die sich im Crocky eh und sind nicht mehr aufzufinden. Welche Gewürze? Kreuzkümmel? Koriander? Kardamon? Thymian? Die Gedankensprünge sind mir sympathisch, weil deren Rezept nahe an meinem liegt. Und wer schafft es, die Eier kompetent zu verrühren?

Spannend gerade an den deutschen Blog-Rezepten finde ich ja, wie stark diese ins westlich mediterrane tendieren mit Oregano, Thymian oder anderen bekannten aus der Pastasauce. (Hier zum Beispiel auch von der ARD so angepriesen.)

Dank des Feinschmeckerle-Blogs entdeckte ich auch, dass Dr. Shakshuka sein Rezept auch ins Internet gestellt hat. Wenn auch leider auf Hebräisch. Google Translate entnehme ich allerdings, dass auch er mit echten Paprika arbeitet, sich die Gewürze allerdings auf Salz und Paprika beschränken.

Nicht zum Weiterlesen aber zum Weitergehen als Empfehlung. Mindestens in Berlin eröffneten in den letzten Jahren zahlreiche türkische Frühstückscafés: das türkische warme Frühstück Menemen ist der Shakshuka sowohl in kulinarischer Geschichte wie auch dem Geschmack eng anverwandt. Ich warte noch auf die Ranglisten des besten Menemens der Stadt.

Anmerkungen


(*) Es sollte allerdings erwähnt werden, dass ein Kellner sein Trinkgeld dann gleich selbsttätig auf den Preis aufgeschlagen hat. Nachdem wir feststellten, dass wir für punktgenau dasselbe Essen und Trinken am nächsten Tag 10 Prozent mehr bezahlen sollten, haben wir das am Trinkgeld halt wieder gespart.



2 Kommentare:

Nina hat gesagt…

Lieber Dirk, heute Abend gibts zum ersten Mal Dein Shakshuka-Rezept bei uns. Da ich keinen Crocky habe, koche ich die Tomatensoße jetzt schon vor und heute Abend den Rest. Anbraten mit Olivenöl nehme ich an? Die Menge der Brühe werde ich wohl etwas verringen (das gesamte Rezept sowieso halbieren), damit es auch gut einkocht, und wann kommen die Chilis rein, zusammen mit den Gewürzen? Liebe Grüße aus Potsdam

Nina

dirk franke hat gesagt…

Liebe Nina,

ich bin sehr sehr gespannt, wie es wird und wünsche gutes Gelingen. Bei den Chilis folge ich ja der Devise "Nachwerfen ist einfacher als rausnehmen". Gerade wenn man lange einkocht versträrken sich viele Gewürze wie auch Chilis in ihrer Wirkung. Also am Anfang vor dem Einkochen wenig Chilis. Später dann abschmecken und bei Bedarf nachwerfen. Bei der Ölwahl bin ich Unordnungsanbrater, der sich nie recht entscheiden kann. Ich schwanke immer zwischen Olive und Raps - zum Rezept würde aber Olive besser passen. Zumal man das ja alles eher bei warmen und nicht bei heißen Temperaturen anbrät. Grüße zurück aus Schöneberg.