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Mittwoch, 8. März 2017

Schwimmbad Marzahn. Schwimmen im Hallenbad im Freizeitforum

Komm nach Marzahn, in Marzahn ist es richtig nett. Diese Schwimmbadbesucherei führt mich zu manch überraschender Erkenntnis. Komm nach Marzahn, und dort findest du eines der wenigen  Nachwendebäder Berlins. Eine weitere überraschende Erkenntnis. Beim Bad im Freizeitforum nicht einmal ein besonderes Konzept-wir-müssen-etwas-beweisen-Bad wie das SSE – gebaut für die nie stattfindenden Olympischen Spiele 2000 in Berlin – oder das Berliner Badeschiff. Es ist einfach ein Nachbarschaftsbad.

Willkommen im Freizeitforum (oder auch Freizeit Forum)

Dennoch ein Schwimmbad mit mehr als genug interessanter Geschichte.

Eigentlich ist das Bad im Freizeitforum kein echtes Nachwendebad. Der Baubeginn lag noch solide zu DDR-Zeiten. Geplant war das Freizeitforum als krönender Endpunkt der Marzahner Promenade mitten im Neubaugebiet. Soweit ich das verstehe, sollte die Marzahner Promenade so etwas wie die Antwort auf die Einkaufszentren des Westen sein – eine lange Fußgängerzone mit dutzenden kleiner Geschäfte, an deren Ende ein großer Platz und ebenjenes Freizeitforum liegt. Fertig gestellt wurde das ganze aber in den frühen Neunzigern, hat also vermutlich zwischen Planung und Eröffnung noch einmal eine Westkur-Überarbeitung erhalten und ist nun ein echtes Ost-West-Hybrid.


Das Forumsgebäude selbst beinhaltet neben dem Bad eine Bibliothek, eine Kegelbahn, eine Frauensporthalle (ehemals Mehrzweckhalle), eine Tanzschule, ein Konditoreicafé, Ausstellungsräume- Seminar- und Tagungsräume. Ein Gebäude auf halbem Weg zwischen sozialistischem Kulturpalast und Nach-Wende-Entertainment-Tempel.

Die Promenade selbst hat ihr Antlitz entschieden dadurch verwandelt, dass 2005 am anderen Ende das „Eastgate“ eröffnete – ein großes Einkaufszentrum, das jedem Klischee des Einkaufszentrums auf der großen Wiese entspricht. Die Promenade und deren Schwerpunkt zog die Eastgate-Eröffnung vom Freizeitforum weg. So existiert das sehr belebte Eastgate, am Eastgate-Ende der Promenade liegen Imbisse, Paintball-Shops und ähnliches, am Freizeitforums-Ende der Promenade stehen Geschäfte leer, der Frauentreff, die Kommunale Galerie und andere öffentlich gefördertes haben Einzug gehalten und dann ganz am Ende kommt das Freizeitforum und das Jugendzentrum.

Trotzdem: die Promenade war trotz eisigem Wind übrraschend nett.  Und sie war am Nicht-Shopping-Ende leer. Als ich da war, traf ich prompt auf einen Trupp Damen und Herren in Anzug und Kostüm, die Klemmbretter haltend, eine Ortsbesichtigung unternahmen – die Stadterneuerung in ihrem Lauf. Ich hoffe das Beste.


Die Marzahner Piazza. Links hinter den Bäumen das Schwimmbad.



Aber zurück zum Schwimmbad, bei dem ich eigentlich die ganze Zeit dachte, „hach, das ist ja richtig nett und sympathisch hier“.

Betrieben wird das Freizeitforum nicht von den Berliner Bädern, sondern von der Gesellschaft für Stadtentwicklung – einer Ausgründung der Stadt Berlin, um Kultur- und Sozialobjekte zu betreiben. Anscheinend waren die Stadtentwickler weise genug, sich die Berliner Bäder nicht als Untermieter ins Haus zu holen: die Preise waren günstiger, die Öffnungszeiten sind besser und nirgendwo wirkte die Halle so als würden mir gleich Bauteile entgegenkommen.

Gebäude


Ein großer Bau am Ende eines großen Platzes. Ich musste die ganze Zeit „Piazza“ denken – die Idee des großen steinernen Platzes, die in Westdeutschland in den 1980ern sehr populär war und eigentlich nie funktionierte, weil sie nie von den Leuten angenommen wurde. Ob die Nutzung hier funktionierte kann ich nichts sagen – beide Besuche fanden Montags statt und Montags ist auf dem Viktor-Klemperer.Platz/der Piazza auf jeden Fall zu keiner Zeit was los.

Ob der Platz jetzt sein Aussehen den DDR-Planungen der 1980er verdankt, oder Westberliner Änderungen nach 1990 in letzter Minute, wer weiß? Für seine Größe ist das Freizeitforum erfreulich unaufdringlich. Wenn ich direkt neben dem Schwimmbad Schilder für Bibliothek und Jugendfreizeitzentrum sehe, fühle ich mich wohl.



Freizeitforum Mazhan. Das Bad ist in diesem Fortsatz hin Richtung Marzahner Promenade. Open Street Map © OpenStreetMap contributors, made available under the terms of the Open Database License (ODbL).



Ins Gebäude hinein. Ein großes Foyer mit Ausstellung. Geradeaus geht es in die Bücherei, der Eingang zum Schwimmbad liegt ein wenig versteckt links. Kein Kassenhäuschen, kein Kassenpersonal, einfach ein Automat, der einen Chip auswirft und dann ein Drehkreuz. Die Schwimmmeister können das ganze vom Beckenrand aus sehen. Mehrfach konnte ich beobachten wie die Schwimmmeister hilflos wirkenden Personen am Eingang zur Hilfe eilten. Zu den Kabinen geht es dann durch einen Glasgang. Links das Schwimmbecken, rechts die Kegelbahn, an der ein Schild zweimal die Woche Sportseniorenkegeln anpreist und ein weiteres Schild Interessenten für das Jugendkegeln sucht. 


Umkleiden/ Duschen


Niemand in Marzahn wird beleidigt sein, wenn ich die Kabinen als funktional bezeichne. Ein mittelgroßer Raum, die Decke mit diesen quadratischen Platten abgehängt, die Wände weiß gekachelt, Schränke (Kunststoff, metal, dunkelblau), eine einzige Einzelkabine, per Rollstuhlsymbol gekennzeichnet und ziemlich groß. Dennoch weit weniger klaustrophobisch vollgepackt als ich es in Osterlin auch schon erlebte.  Es wirkt schon fast luftig.

Sympapthie-Doppelpluspunkte gibt es für den Wickeltisch in der Männerumkliede. Die Duschen selbst sind wirken deutlich neuer als auch den frühen Neunzigern, die schiere Anzahl an Haken ist schon fast Luxus, die Gestaltung in dezentem beige-blau. Kein Zieh-Dich-Aus-Schild.


Schwimmhalle


Ein Schwimmerbecken (25 Meter lang, fünf Bahnen), ein Nichtschwimmerbecken. Über dem Becken verläuft eine Galerie von der aus man eventuellen Aktivitäten im Wasser zusehen kann. Wer auch immer das Bad geplant hat, war wohl mal in der Siemensstadt und hat das dortige Bad als Vorbild genommen und verbessert,

Als ich in Marzahn war, war der Zugang aus der Halle zur entsprechenden Treppe offen, aber dennoch niemand auf der Galerie. Das Becken ist 1,86m tief (dürfte gerne tiefer sein), das Wasser weder auffallend kalt noch auffallend warm, also vermutlich in der 27/28-Grad-Gegend. Beim zweiten Besuch entdeckte ich das Schild, das mir 29 Grad Wassertemperatur versprach – ich zweifle aber. 29 Grad fühlt sich im Vergleich warm an, das hier war so durchschnittlich, dass ich auf 28 Grad tippen würde.

Eine große Fensterfront mit hohen Decken ermöglicht den Blick auf die Piazza, zur anderen Seite geht der Blick in den erwähnten Glasgang und danach in die Kegelhalle. Fensterfront drei geht in den Eingangsbereich des Jugendzentrums, in dem Jugendliche am Kickern waren. Schwimmer- und Nichtschwimmerbecken sind direkt hintereinander, beide mit den Fenstern zur Piazza hin. Alles wirkt lichtdurchflossen, leicht und tatsächlich größer als es ist.

Selbst als beim zweiten Besuch - draußen echtes Schietwetter und dennoch keine Lampen angeschaltet - wirkte es immer noch heller als viele mir andere bekannte Bäder bei Sonnenschein mit Deckenleuchten in Funktion.

Ein Ort zum Wohlfühlen.

Als ich beim ersten mal in Marzahn war, waren zwei Bahnen abgesperrt – vermutlich weil ich kurz nach dem Training es Gesundheitssportvereins Berlin kam – war mir aber den absoluten Luxus einer leeren freien Bahn direkt am Fenster brachte. YES!

Publikum


Beim ersten Besuchen waren wir zu viert. Zwei Damen brustschwimmend im Gespräch, ein junger Mann, dessen Rückenstil vielerlei Verbesserungsmöglichkeiten zulässt, der aber trotzdem tapfer in diesem Stil Bahn und Bahn schwamm und ich.

Kurz vor dem Ende kam dann noch ein Pärchen (Mitte 40?) hinzu. Leer, locker, entspannt. Im Nichtschwimmerbecken eine Kita-Gruppe, die für ein wenig Hntergrundgeräusche sorgte. Beim zweiten Besuch war es dann etwas voller. Aber die 5 Bahnen je 25 Meter reichten locker, um uns allen viel Platz zu ermöglichen. Marzahner: da habt ihr ein so nettes, freundliches Bad um die Ecke, und dann geht ihr nicht hin? Warum?

Gastronomie


Im Schwimmbad selbst gibt es nichts, aber das wäre angesichts der Gesamtanlage des Freizeitforums auch eher seltsam. Teil des Forums ist die Konditorei und Feinbäckerei Engel. Von außen sah die sehr klassisch und einladend aus. Mittlerweile habe ich nachrecherchiert, dass es tatsächlich eine klassische Konditorei ist, die ursprünglich 1959 an der Warschauer Straße eröffnete. Leider hatte ich beim ersten mal mein allerletztes Bargeld schon für den Chipautomaten zusammengekratzt, so dass ich nicht testen konnte.

Konditorei Engel, Marzahn. Empfehlenswert!


Beim zweiten mal war ich dann besser vorbereitet und bekam von einer ausnehmend freundlichen Bedienung einen überdurchschnittlichen Espresso – ungefragt mit einem Glas Wasser dazu – und konnte den süffeln, während ich die spektakuläre Tortenauslage bewunderte. Wenn man die Konditorei noch als Schwimmbadgastronomie zählt, liegt diese am ober3en Ende der schwimmbadnahen Einkehrmöglichkeiten..

Preise/Öffnungszeiten.


Dieses Bad wird nicht von den Berliner Bädern betrieben. Das bedeutet, die Öffnungszeiten sind länger und dafür die Preise kleiner. Im Detail heißt das: Offen Montag bis Freitag 6 Uhr bis 21.30! Samstag und Sonntag 8 Uhr bis 16Uhr. Übrigens auch in den Sommerferien. Der Preis liegt mit 4,50€ einem Euro unter dem Berliner-Bäder-Normalpreis

Fazit


Ein ausnehmend nettes Nachbarschaftsbad mit spektakulären Öffnungszeiten zu einem angenehmen Preis. Einkaufsmöglichkeiten für Paintball gleich um die Ecke. Marzahn, ick mag dir.

Und weiter:


Die Übersicht aller beschriebenen Schwimmbäder ist hier: Schwimmbäder nah und fern. Rückblick und Ausblick.

2 Kommentare:

  1. Gerhard Laurisch14. März 2017 um 16:55

    Lieber Herr Franke, meine Frau und ich (Weit über 70+)gehen zwei Mal in der Woche zwischen 6:00 und 8:00 in das FFZ.- Preis von 6:00 bis 8:00 2,50 €. Zu dieser Zeit sind viele Menschen im Bad. -
    Der frühe Vogel fängt den Wurm! - Freundliche Grüße, Gerhard Laurisch

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  2. Lieber Herr Laurisch, ich fürchte, ein so früher Vogel, dass ich vor acht von Schöneberg nach Marzahn komme, bin ich dann tatsächlich nicht :-) Aber es freut mich für das Bad für jeden Besucher und schön, dass sie anscheinend Spaß und Vergnügen dort haben. Schwimmerische Grüße, Dirk Franke

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