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Mittwoch, 22. Februar 2017

Schwimmbad bei Berlin: Schönefelder Welle

Eisiger Wind streicht über die leeren Felder. Die Sonne steht über dem leeren Horizont. In der Ferne liegen eine nigelnagelneue Feuerwehrstation und ein Logistikzentrum. Die einzigen Nutzer der einzigen Straße sind LKWs, die zu ebenjenem Logistikzentrum fahren oder gleich am Straßenrand auf den nächsten Auftrag warten. Und dann, umgeben von weiteren Wiesen: ein Schwimmbad.

Nicht das Schwimmbad, sondern die Feuerwehr. Sieht auch besser aus.


Willkommen in der Schönefelder Welle. Das Bad liegt inmitten dessen, was ein Industriegebiet werden möchte. Felder, die erst noch seiner Erschließung durch den Flughafen Berlin-Brandenburg harren. Ein Bad auf der braunen Wiese, hoffend auf den Aufschwung, den der BER nach Schönefeld bringt. Ein Neubau in Zeiten des Schwimmbadsterbens: schick, auffallend und so erfolgreich, dass die ebenfalls wachsende Berliner Nachbargemeinde Falkensee wiederholt Exkursionen nach Schönefeld unternahm, um sich von deren Konzept inspirieren zu lassen.



Die Schönefelder Welle hat im Jahr 2010 eröffnet. Neue, große, leere Straßen deuten die endgültigen Ziele der Gemeindeväter an. Der Parkplatz scheint auf Verdacht zu groß für das Bad, ist aber bei beiden Besuchen gut gefüllt – zu einem Großteil durch Berliner Kennzeichen, obwohl Schönefeld selber schon in Brandenburg liegt.

Gebäude


Abgesehen von seiner spacigen Lage ist das Bad quadratisch und praktisch. Eine sehr rechteckige Halle im Nichts, angehängt so eine halbkreisförmige Foyer-Warze. Metall, blau, Fenster. Lage und Gestalt flüstern „Baumarkt“ in mein Ohr.

Schönefelder Welle auf der grünen Wiese mit großem Parkplatz, Schwimmhalle (unten), Umkleidebereich (oben) und Foyerwarze (links) bei Open Street Map © OpenStreetMap contributors, made available under the terms of the Open Database License (ODbL).


Vollendet 2010 und vom Stil her wie mehrere neue Bäder folgend der Architekturstil „Baumarkt“. Eine Halle aus Metall, Rohre und Befestigungen sind unter dem Hallendach zu sehen, immerhin viele Fenster. Sonst wirkt das vor allem alles sehr funktional und praktisch. Das Foyer ist klein, ein Schild am Eingang ermahnt, den Kassenautomat zu benutzen. Als ich mich noch ein wenig umschaue, erläutert mir die Dame an der Kasse, durchaus hilfsbereit aber im Tonfall ruppiger Berliner  Herzlichkeit, dass ich auch bei ihr zahlen kann. Beim zweiten Besuch gehen ich gleich zur Kasse und werde wieder ohne Murren bedient.

Umkleiden/Duschen etc.


Der Umkleidebereich ist klein. Die Umkleiden sind aus Kunststoff und in so pastelligem gelb-grün gestaltet. Farben, die sich im Lande Brandenburg durchaus einer gewissen Beliebtheit erfreuen, deren Schönheit mir als geborenem Wessi allerdings verborgen bleibt. Faszinierend bleibt mir im ganzen Bad, wie die Gestalter es schafften einen knalligen Pastellton zu finden – bis zur Schönefelder Welle dachte ich, Pastell und knallig schließen sich gegenseitig aus.

Schönefeld hat das Schlüssel/Pfand-Problem gelöst, indem ich am Eingang einen Chip bekam, den ich jetzt in den Schlüssel stecke und mir einen beliebigen Schrank aussuchen kann. Zwar ist das alles sehr neu, wirkt aber trotzdem eher unsolide. Schlüsselarmbänder in Schwimmbädern gibt es ja generell entweder in einer Art Webmuster – also mehrere Textilstreifen übereinander geschlungen und man steckt den Nöppel irgendwie zwischen die Streifen, oder als Plastik mit ausgestanzten Löchern. Zweiteres wirkt deutlich billiger, erinnert mich an Einmal-Gebrauchs-Strandspielzeug, und ist das Modell der Wahl in Schönefeld. Ich weiß nicht ob es so wahr und ich weiss nicht, ob es so wirken soll, aber dieser Umkleidebereich legt schon die Aussage nahe, dass hier sowohl Kosten wie auch Mühen gespart wurden.

Die Duschen: das obligatorische Dusch-Schild fordert mich nicht zum Ausziehen auf, sondern „gründliches Duschen“ genügt. Außerdem darf ich mich nicht rasieren und mir nicht die Nägel schneiden. Premiere: dies ist die erste Dusche, die mir explizit das Färben der Haare untersagt. Ob hier regelmäßig haarfärbende Brandenburger aus der Dusche gezerrt werden müssen?

Die Duscharchitektur ist eigentümlich. Standard in Bädern ist es ja meistens, dass es entweder ein direkte Tür von den Umkleiden in die Halle gibt und man noch den Umweg über die Dusche nehmen kann oder den Sackgassenweg in die Toiletten. Oder man geht sowieso durch die Duschen durch und kann dann noch auf dem Weg in die Toiletten abgehen. Hier allerdings führt der Weg zwangsweise durch die Toiletten, während die Duschen hinter einer Abzweigung in der Sackgasse liegen. Keine Wunder, dass die „Duschen Sie!-Schilder in Schönefeld weit verbreitet sind.

Die Duschen selbst: eine kleine Sammelkabine, vor allem in einem gerade modernen beige in recht großen Kacheln, dazwischen immer wieder ein Kachelmuster verschiedener Blautöne, das mir auch von diversen Baumarktbesuchen der letzten Jahre sehr bekannt vorkommt.

Schwimmhalle


Es sollte ein „Sportbad“ werden – dies zeichnet sich durch eine große Anzeigetafel im Jumbotron-Format aus. Es soll eine elektronische Zeitmessung geben und ansonsten ist das Bad eher schmucklos. Ein Schuhkarton, hintereinander ein Babybecken, ein Nichtschwimmerbecken und ein Schwimmerbecken (25 Meter, 6 Bahnen). Das Becken ist recht flach, ebenso wie die Decke – was dann natürlich dazu führt, dass es trotz Fensterfronten nach drei Seiten eher düster ist. Sportbahnen waren beim ersten Besuch keine abgesperrt, aber ehrlich gesagt war auch niemand da, der so aussah als würde er eine solche benötigen.

Dies ist ein Schwimmbad.


Beim zweiten Besuch hat dann ein Kindersportkurs eine abgesperrte Bahn genutzt. Sobald der weg war, war auch die Leine weg. Spiel- und Spaßgeräte beschränken sich auf eine kleine Rutsche im Nichtschwimmerbecken und gesperrte Startblöcke im Schwimmerbecken. Auch sonst scheinen Spiel und Spaß nicht so das Hauptaugenmerk des Bades zu sein. Badenudeln und anderes farbenfrohes Gespielsel war abwesend. Und es war auch das erste Bad, das nicht versuchte, durch ein fröhliches Mosaik, ein kleines Wandgemälde, von der Decke hängende Fahnen mit hübschen Bildern oder ähnlichem die doch eher düster-funktionale Stimmung des ganzen Bades aufzuhellen.

Wenig Licht, viel offenes Metall, viel dunkles Beige und verschiedene Blautöne gaben dem ganzen doch ein sehr ernsthaftes Gepräge. Beim zweiten Besuch zeigte sich dann, dass selbst strahlender Sonnenschein es zwar vermag, mich zu blenden (Entschuldigung noch mal an alle, die dabei über den Haufen schwamm), aber heller wird es auch mit Sonne noch nicht. Immerhin: im Sonnenuntergang konnte man durch die verhängten Scheiben vage die sehr neue und spacige Feuerwehstation Schönefelds vor dem farbigen Abendhimmel erahnen. Das war nett.

Die über den Becken hängende Düsternis lag vermutlich auch daran, dass die Sonnenblenden so halb geschlossen waren. Das Jumbotron diente bei beiden Besuchen als Digitaluhr; Freundlicherweise mit so großen, kontrastreichen Zahlen, dass ich diese selbst mit beschlagener Schwimmbrille noch gut entziffern konnte.

Publikum


Beim ersten Besuch (Werktag Vormittag) waren 20 Leute im Schwimmerbecken und noch einige mehr im Nichtschwimmerbereich. Gefühlt war ich der einzige Anwesende zwischen 6 und 60 Jahren. Die Leute im Schwimmerbereich waren am Schwimmen und nicht etwa am Baden oder Planschen, aber das klar mit Freizeit- und Sportinteresse. Dass ich der einzige Schwimmbrillenträger war, ist schon eher ungewöhnlich.

Berliner, kommt. Parken könnt ihr reichlich.


Werktag Nachmittags war es dann deutlich voller, das Publikum deutlich diverser. Die „Sport“-Ansage des Sportbads scheint immer noch nicht wirklich angekommen – aber bei der Enge wäre das auch schwerlich möglich gewesen. Ich glaube, ich bin lange nicht mehr so langsam geschwommen wie zwangsweise in Schönefeld.

Gastronomie


Ein Süßigkeiteautomat und ein Colaautomat, dazu ein paar Tische und Stühle an die man sich setzen und in die Halle schauen kann. Die Plätze waren natürlich beim Kinderkurs mit Müttern voll besetzt. Da es Kaffee nur in der Form von Eiskaffee aus der Dose gab, hab ich den nicht weiter getestet.

Preise/Öffnungszeiten


Bis 90 Minuten kostet es 4 Euro, bis drei Stunden dann 7 Euro, danach habe ich keine Ahnung – was soll man denn auch länger in diesem Bad? Öffnungszeiten reichlich, Dienstag und Donnerstag Vormittags sind vier der sechs Bahnen von Schulen belegt.Aber trotzdem: es hat offen. Kein Wunder, dass eine Menge Südberliner in dieses Bad ausweicht.

Fazit


Funktional und vor allem regelmäßig geöffnet. Schwimmen geht gut, und zum Glück setzt Bewegung ja auch genug Freudenhormone frei, um mit der sehr sachlich-freudlosen Grundstimmung des ganzen Bades umzugehen. Zumindest für den kurzen Kilometer zwischendurch ist es auch einen Tick preiswerter als die Berliner Bäder. Aber trotzdem. Das ist alles so freudlos da. So „wir haben halt das gemacht, was wir machen mussten um ein echtes Schwimmbad zu haben.“ Eines der wenigen Bäder, bei dem ich vor dem zweiten Besuch dachte, „Prima, wenn ich zweimal da war, muss ich danach ja nicht mehr dahin.“

Sonstiges


Es wirkt nicht nur so als hätten die Schönefelder Kosten und Mühen gescheut, zumindest bei den Kosten war das auch Plan. Das ist ja auch ein Grund, warum Falkensee sich sosehr für das Bad interessiert. Der Neubau kostete 7,2 Millionen, an sich würde ich bei den meisten Neubauten von einer Zahl jenseits der 10 ausgeben, die Berliner Sanierung des Bades Gropiusstadt hat sogar um die 15 Millionen gekostet.

Mehr Bäder

Freudigere Bäder finden sich in den anderen beschriebenen Schwimmbäder in Iberty n der Auflistung: Ausblick und Rückblick

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