„Eine Traumreise freilich, die von der 2004 in Moskau gegründeten Truppe „Das Klassische Russische Ballett“ auf wunderbare Art gestaltet wurde und den Abend zu einem tänzerischen Ereignis von Rang werden ließ.“ (Göppinger Tageblatt)
„Liebhaber der Ballettkunst mit Spitzentanz in allen möglichen klassischen Figuren und Bewegungsabläufen konnten die Darbietung genießen: »En-arène«-Sprünge,
Entrechats, prächtige Hebekombinationen waren zu bewundern“ (Gießener Allgemeine)
"Das neben Gold omnipräsente Altrosa war weder ein knalliges Girlie-Pink noch ein blasses Babyrosa. Es spielte zart ins Fliederhafte und passte prächtig zur nostalgischen Sommerstraußfarbigkeit der fünf Feen." (Rhein-Neckar-Zeitung)
„In diesem Monat haben Sie die maximale Anzahl von 5 freien Artikeln bzw. Fotoserien erreicht. Wählen Sie jetzt eines unserer Angebote aus, um sofort wieder Zugriff zu erhalten. Gerne helfen wir Ihnen unter Tel. 0931 / 6001 6001 weiter.“* (Mainpost)Jahreswechsel. Weihnachtszeit, Adventsstimmung. In dieser Zeit liegen die dunklen und ruhigen Tage zwischen Weihnachten und Silvester und die auch-noch-dunklen und ruhigen Tage nach Silvester.
Russische Ballets fahren durch Europa, um abwechselnd den Nussknacker und Schwanensee und gelegentlich auch noch Dornröschen oder Romeo und Julia aufzuführen. Klassiker halt; Weihnachtlich-märchenhaftes. Eine gute Gelegenheit, einen uns bisher unbekannten Veranstaltungsort aufzusuchen und anzusehen. Nachdem wir vorletztes Jahr schon das Russische Haus an der Friedrichstraße aufsuchten, war nun das Tempodrom am Anhalter Bahnhof dran. Dazu wurde das Ballett der Ballette aufgeführt: Tschaikowskis Geschichte von Schwänen, einem Zauberer und einem Prinz.
Bild: Судейкин Сергей Юрьевич. Парк перед замком. Эскиз декорации к «Лебединому озеру» Чайковского. 1911, Public Domain |
Das Tempodrom; einst ein West-Berlin-frewildlerisches Zirkuszelt, dann ein Hindernis auf dem Weg zur Neubebauung der Berliner Mitte, dann ein Berliner Immobilienskandal und jetzt ein Veranstaltungsort. Ein Ziruszelt aus Beton, umgeben von einem großen freien Platz. Zentral gelegen zwischen Postdamer Platz und Wikimedia Deutschland. Betonzirkusballett wir kommen.
Schwanensee
Das „Ballett der Ballette“, mit märchenhaftem Schwarz/Weiß, mit Prinz, mit Prinzessin, einem bösen Zauberer und den bekanntesten Stücken der Ballettwelt. Odette (weißer Schwan) wurde vom bösen Zauberer Rotbart in ebenjenen Schwan verwandelt. Prinz Siegfried versucht Odette/weißer Schwan mit seiner Liebe zu retten. Zauberer Rotbart setzt sein Geschöpf Odile (schwarzer Schwan) auf Siegfried an. Siegfried verliebt sich auch in Odile/Schwarzer Schwan, in der er Odette/weißer Schwan erkennen zu glaubt. Am Ende gibt es großes Drama am Schwanensee. Siegfried und Odette/weißer Schwan lieben sich wieder. Dann wird es richtig dramatisch. Um Wikipedia zu zitieren: „Abhängig von der Inszenierung stirbt entweder einer von beiden (Siegfried oder Odette), oder beide sterben, oder beide leben glücklich bis an ihr Lebensende.“ Wobei die Jahresendweihnachtsinszenierungen meist beide überleben lassen.
Das „Russische Klassische Ballett aus Moskau“
Das „Klassische Russische Ballett“ - nicht zu verwechseln mit dem „Russischen Klassischen Ballett“ - existiert seit 2004. Gegründet von Hassan Usmanov, tourt es seitdem um die Welt von Mexiko über China und Japan über Finnland nach Deutschland. Ein echtes Tourballett, das aus dem großen Fundus der hochklassigen russischen Ballettausbildung schöpfen kann. Die Künstler, soweit sich ihre Namen und Karrieren eruieren lassen, waren im staatlichen russischen Ballett unterwegs und genossen dort ihre Ausbildung, bis sich dem vermutlich besser bezahlten Tourballets zuwandten. Professionell, wissend was das Publikum erwartet und dieses auch bringend.
Gerne tourt das Klassische Russische Ballett mit Schwanensee und dem Nussknacker, gerne aber auch mit einer Ballettgala, Romeo und Julia und den anderen großen Klassikern, die überall jeder kennt. Als besonderes Highlight hat das Klassische Russische Ballett auch noch Eislaufinszenierungen im Programm.
Die Musik unserer Aufführung kam solide vom Band. Tanz funktioniert ohne Worte, die Tänzer waren technisch großartig und welterfahrene Profis was Ausdruck und ihre Inszenierung angeht. Das Bühnenbild war inspiriert. Sprünge, Drehungen, ein eindrucksvoller Rotbart, mitreißende Tänze auf dem Ball, ein bezaubernder „Pas de quatre“ der Schwäne. Genau wie erwartet und genau zum Genießen. Hier auch im Video.
Und ein großer Respekt. Die Comapgnie hat am Tage unseres Besuchs nachmittags schon den Nussknacker aufgeführt und abends dann Schwanensee. Zwei arme Damen aus dem Ballett mussten dann auch noch in der Pause Poster für die besuchenden Ballettmädchen signieren.
Das Temprodrom
Das Beton-Zirkuszelt war trotz aller uns bekannten Bilder überraschend; es war sehr viel zirkuszeltiger als geahnt. Unter der Decke eine Art Sperrholzlatten, vermutlich der Akustik wegen. Die Ränge waren weniger hoch als gedacht, dafür breiter. Gefühlt ein Zelt, freischwebend und groß.
Beim Weg ins Betonzelt sah man gerade mal zwei Geschosse. Toiletten und Garderoben lagen neben dem Eingang zu den Parkettplätzen - eher schwierig, weil alle Rangbesucher noch einmal am Ende dort hinunter mussten, während die Parkettbesucher nach oben wollten. Ein netter Ruheraum für die Pause am Foyer. Die Wege zeigten sich trotz des großen Saals alle überraschend kurz und eingängig. Wenn ich überlege, was für Wanderungen mit verbundenen Bergtouren wir schon durch die Philharmonie oder die Komische Oper gemacht haben.. hier ging das alles schnell.
Für einen ballettigen Veranstaltungsort war auch eher ungewohnt: es gab Bratwurst, Nachos, Cola an den obligatrischen Pausenständen. Nichts mit Sekt, Erdbeerbowle und Brezeln. Ich glaube das letzte mal als ich ähnliche Stände mit einem ähnlichen nachistischen Angebot sah, war in der 02-Arena bei einem Spiel der Eisbären.
Die Ballettmädchen und die ehemaligen Ballettmädchen.
Wie jedesmal im Ballett: ein besonderes Publikum. Überwiegend sehr weiblich, sehr gerade stehend, sehr schlank und auch ziemlich jung. Da war das kleine Mädchen in wildem grünen Kleid und mit Krönchen. Da waren etwas größere Mädchen; und da waren Damen, die so aussahen als wären sie mal Ballettmädchen gewesen. So ein Ballett ist eine Szene-Veranstaltung. Gäste kriegen das gut mit, weil man Ballerinas nun mal besser von Außen erkennt als Hobbygeiger.
Übrigens wissen das auch unsere Vollprofis vom Klassischen Russischen Ballett zu würdigen. Anscheinend gehört es Klassisches Russischen Ballett zum Programm, dass es in den meisten kleineren und mittleren Städten mit der örtlichen Ballettschule/Volkshochschule koopiert und die örtlichen Ballettmädchen mit auftreten lässt. Wenn die Tochter auf der Bühne steht, kommen natürlich deren Eltern und Tanten und die Vereinskameraden der Tanten und im Kirchenblatt wird es angekündigt und alle ehemaligen Ballettschülerinnen kommen auch.
Tja
Und dann war doch die Reihe vor uns. Eine Familie(?), sechs Menschen vom kleinen Mädchen bis hin zu den drei Erwachsenen. Der Mann, dauerhaft unfassbar gelangweilt. Die eine Frau (vor uns) die Hälfte der Zeit damit beschäftigt auf ihr Nebenmädchen einzureden – wenn sie nicht diverse Popcorneimer, Nachoschalen und Colaflaschen auf die leeren Plätze und Sitzreihen quer um sich verteilt hat. Das Mädchen mit Augen auf dem Handy – außer wenn die Frau damit Fotos machen musste. Ich verstehe es nicht – selbst in der Reihe, in der wir waren, kostet so ein Ausflug für sechs einen mittleren dreistelligen Betrag. Warum geht man dann wohin, wenn anscheinend niemand der Beteiligten wirklich Lust hat?
Und zum Abchluss
Als kleines Schmankerl, hier chinesisch anstatt russisch: Schwanensee kopfüber
(*) Leider alles was ich sagen kann: auch wenn ich seit bestimmt hundert Jahren nicht mehr auf der Mainpost-Homepage war: weiter komme ich nicht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen