Montag, 15. August 2016

Heidel/Blau/Wald/Zeck/Moos

Es wird Herbst. Die Äpfel fallen uns vor die Füße. Wortwörtlich. Unser kleines Alkmene-Bäumchen hat Ende Juli den ersten verzehrfähigen Apfel abgeworfen; Sie sind noch nicht richtig reif und wurmstichig, aber in Teilen essbar. Die Nachbarin hat uns von ihrem Baum (Sorte noch unbekannt) gleich eine ganze Schüssel Fall-Äpfel für Apfelmus mitgegeben. Der James Grieve, unser Sommerapfel, ist schon halb abgeerntet.

Unser Selbstpflücker-Feld-für-alles-von-Erdbeeren-über-blauen-Blumenkohl-bis-Dill-und-Salat hat auch die ersten Äpfel im Angebot: Piros. Wie Pirol. Pinova, Pingo, Pisaxa und drei Dutzend andere Sorten ist Piros eine Sorte der Dresdner Obstforscher aus Pillnitz. Eingeführt in den Markt 1985, eine echte DDR-Sorte. Piros ist Sommersorte, frühblühend, frühtragend, nicht sehr lagerfähig und so mäßig aromatisch. Aber der Apfel ist da!



Bevor  die Äpfel und die andere reichhaltige Herbst-Ernte dominieren, will ich doch noch mal etwas vom Sommer schwärmen mit einem echten Sommerobst: Heidelbeeren/Blaubeeren/ Schwarzbeeren/ Mollbeeren/ Wildbeeren/ Waldbeeren/ Bickbeeren/ Zeckbeeren/ Moosbeeren/ Heubeeren. Sie wachsen wild in Europa und sind dank ihrer tausenderlei tollen Inhaltsstoffen Superfood-verdächtig.

Aber könnte je etwas in Deutschland Superfood werden, was die Menschen schon von ihren Eltern kennen? Kann etwas total normal und gleichzeitig super sein? Natürlich nicht. Die Heidelbeere ist viel zu bekannt und zu profan, um sich jemals als Superfood durchsetzen zu können. Dabei haben die Beeren etwas für sich: neben Wasser und Kohlehydraten enthalten sie vor allem Pektin und mehr gesunde Chemikalien als eine halbe Apotheke.


Dennoch: sie sind lecker, auch in der Kulturvariante gesund; besser zu naschen als ein Apfel und vor allem: blau! Blaues Essen! Viel zu wenig gibt es davon. Esst mehr blau wenn ihr könnt!

Wilde Beere


Vom letzten wilden Heidelbeerstrauch kostete ich in Italien, nah eines Hügelgipfels am See. Der Strauch lag an einem nicht zu-populären-Weg. Ein kniehoher Strauch, im Schatten, an einer Wegkreuzung.



Ein Strauch der dringend die benötigte Erfrischung auf dem Anstieg bei 30 Grad verschaffte.



Bei wild wachsenden Heidelbeeren hält sich seit Jahrzehnten das Gerücht, dass diese vom Fuchsbandwurm befallen sein können. Sprich jemand auf wilde Heidelbeeren an, und sein zweites Wort wird sein "Fuchsbandwurm." Aber wie das so ist mit verbreiteten Ansichten: Anscheinend gibt es nicht einen dokumentierten Fall von Fuchsbandwurmübertragung per Beere. Wie bitte soll denn ein Fuchs in menschlicher Kniehöhe kacken können?

Schattig war's und feucht in Italien. Ein kurzer Gedanke, ob wir vielleicht auch ein paar Beeren im Garten? Okay, der Garten ist nicht schattig und feucht. Gar nicht.

Vielleicht lieber die Kulturvariante als die kleine Wilde. Die Kulturvariante, die gar keine europäische wildwachsende Heidelbeere ist, sondern von vielerlei amerikanischen Arten abstammt. Ist die anspruchsloser? Ne, die möchte Sand und regelmäßig Wasser - okay, Sand ist in Brandenburg an sich kein Problem, wenn auch nicht in unserem Garten. Aber wenn Brandenburg etwas nicht hat, dann regelmäßig Wasser. Nährstoffarmer Boden? Nö, haben wir auch nicht. Die Beere in Brandenburg ist wohl eher etwas für Hobbygärtner mit schlechtem Boden und viel Zeit. Oder für Menschen mit viel Technik oder noch eher für den kommerziellen Anbau.

Beere ist der neue Spargel


Aber Sand, nährstoffarm und regelmäßige Bewässerung? Das klingt nach den Bedingungen, die Spargel liebt. Und siehe da: wir haben nicht nur einen Spargelhof in bequemer Fahrradreichweite, sondern dieser Spargelhof wandelt sich im Sommer zum Heidelbeerhof. Da wo im Frühsommer Spargel in 12 Varianten zum Kauf steht, gibt es nun kiloweise Heidelbeeren.

Aus mir komplett unverständlichen Gründen sind die Deutschen ausgesprochene Heidelbeerasketen und essen pro Person ärmliche 100 Gramm im Jahr. Banausen! Da schaffe ich in 10 Minuten. Meine Heidelbeerasketischen Landsmänner und - frauen kaufen die Beeren fast nur als Selbstpflücker und vom Hof, und da wiederum wären sie in Kremmen richtig.

Dort liegt der Spargel/Heidelbeerhof. Und der Hof bietet nicht nur Heidelbeeren natur an, sondern auch Heidelbeercrepes, Heidelbeercrumble, Ochsenbacke in Heidelbeerjus und Kassler mit Heidelbeeren. Vor allem aber hat er "300 Gramm Heidelbeer natur" mit Zulage - sei es eine Kugel Eis, sei es Schlagsahne, sei es "Heidelbeere mariniert in Minze und Holunder".

Es gibt: ein großes Weckglas mit Heidelbeeren und daneben eine Kugel Eis. Zum Mixen, nebeneinander essen, nacheinander essen, how you like it. Auf dem Weg dorthin kommt man auch gleich am Heidelbeerfeld vorbei.


Für zum Naschen


Und es gibt Heidelbeere für zu Hause. Zum Naschen. Sollten mehrere Exemplare dies überleben auch noch zum Einkochen. Oder um als Crumble zu enden. Oder mit Joghurt. Oder als Pfannkuchen. Oder als Smoothie - ne, doch nicht, Smoothies sind degeneriertes Obst und Gemüse und gehören verbannt. Lieber mit Kaiserschmarrn. Oder Möhrensalat. (hat eigentlich schon jemand die Möhre zum Superfood erklärt?) Auf Kuchen natürlich? Oder doch mit Kassler?

Marinieren muss ich mal testen. Geht mit Alkohol oder ohne. Vielleicht sogar ohne Zucker? Im Gegensatz zu den marinierte-Fleisch-Varianten scheint das hier eher 20 Minuten zu dauern. Marinieren für den eiligen Koch.

Was könnte ich alles mit diesen Beeren machen, wenn sie denn nur die erste halbe Stunde zu Hause überleben würden? Immerhin, pur sind sie sicher am superfoodigsten. Und sie sind der Sommer in süß und blau!



Rezept

 

Heidelbeeren natur

Zutaten:

Heidelbeeren (möglichst viele)

Zubereitung:

(1) Eventuell abspülen, je nach Herkunft der Beeren.
(2) Mit der Hand hochnehmen, wahlweise auch in ein Schüsselchen füllen und dann mit dem Löffel.
(3) Essen

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Alle zu dem, was im Garten wächst, zwischen den Gewächsen hin- und herläuft und in Brandenburg lebt: Kleintierzoo.

Alles zum Thema Essen und Trinken findet sich unter: Kultur in Iberty!




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