Seiten

Mittwoch, 1. Juni 2016

Grabwespen und Hornisse

Der Lehmhaufen. Ich erwähnte ihn bereits. Der Lehmhaufen und ich, wir haben weitere ausfüllende Stunden miteinander verbracht. Dabei fiel mir auf: Wir nicht alleine in unserer Zweisamkeit. Die Wühlmaus scheint aus dem Haufen mittlerweile ausgezogen und weitergewandert (leider nur innerhalb des Grundstücks). Trotzdem sind Lehm und ich noch nicht alleine. Ebenfalls anwesend sind diverse Grabwespen oder Erdfliegen oder was auch immer es sind. Kleine fliegende Tierchen, allein unterwegs, und entweder gelb-schwarz gestreift oder rot-schwarz gemustert. Diese haben den Lehmhaufen mit zahlreichen Löchern versehen und fliegen sehr aufgeregt um den Haufen herum, wenn ich anfange abzutragen.

 Grabwespe an Lehm (unscharf)

Aber was sind das für Tierchen? Insekten gibt es ja doch einige. Auf jeden Fall sind die Tierchen am Haufen weniger unheimlich als die Hornissenkönigin, die uns letztens im Schlafzimmer aufsuchte.

Hornisse an FAZ


Aber zurück zu den wesentlich possierlicheren Insekten. Was sind sie? Was machen sie? Sind sie gefährlich? Und wie schlimm ist der Frevel, dass wir ihnen erst ausversehen eine Heimstatt schufen und ich sie jetzt wieder einreiße?

Der Kosmos-Naturführer klärt mich erst einmal auf, dass Grabwespen eigentlich eher Bienen sind - oder zumindest mit diesen verwandt. Außerdem sind Grabwespen keine Erdwespen. Denn Erdwespen sind einfach gewöhnliche schwarmbildende Wespen ("Zwetschgenkuchenwespen"), deren Nester in der Erde sind. Grabwespen hingegen leben solitär, bauen kleine Gänge in Erde, deponieren dann Eier und füttern die je nach Art mal mehr oder weniger regelmäßig.

Dem kann ich zustimmen. Außerdem ernähren sich Grabwespen von anderen Insekten. Das kann - je nach verzehrtem Insekt - für den Gärtner eher gut oder schlecht sein. Wikipedia schafft es nicht, über die Inhalte des Naturführers hinaus Aufzuklärung zu leisten - der wikipedianische Informationsexzess verhindert, dass ich irgendeine für mich sinnvolle Inhalt finde.

Aber was ist nun mit dem Grabwespen? Wie kommen Sie in meinen Lehmhügel? Was machen sie dort? Und was sollte ich tun? Erste Erkenntnis: es gibt ungefähr 5000 Arten der Grabwespen und ihre Aufteilung in Gattungen, Familien und ähnlichem ist gerade in Bewegung - was erklärt, warum Wikipedia in den Erklärungen etwas ausfranzt. Da die Tierchen nicht nur recht klein sind, sondern auch die Eigenschaft haben, eher hektisch hin- und herzufliegen, ist die Bestimmung auch nicht ganz trivial.

Wir scheinen am Lehm verschiedenen Arten zu haben; mindestens die Grabwespen rot-schwarz und gelb-schwarz-gestreift scheinen unterschiedlichen Arten anzugehören. Die eine verbreitete Art in Deutschland, die es im Zweifel immer ist, gibt es auch nicht.

Vielleicht ist das oben fotografierte Tierchen ja Astata boops,auf deutsch wohl auch die Wanzengrabwespe? Das Aussehen könnte grob hinkommen. Andererseits lassen sich wie ich lernte, Astatas nicht per Foto voneinander unterscheiden. Und ich leide ja schon etwas, weil ich den Insekten gerade ihren Lebenslehmhaufen abgrabe. Da will ich die Tierchen nun nicht auch noch fangen, betäuben oder schlimmeres mit ihnen machen, um zu wissen, wer sie genau sind.

So sei es halt eine der drei in Mitteleuropa vorkommenden Astatas. Wobei andererseits die beiden anderen Astatas, die Astata kashmirensis und die Astata minor gefährdet beziehunsgweise stark gefährdet sind. Man hat im Zweifel ja immer nicht das seltene sondern das häufige Tierchen im Garten. Wäre es die boops würde sie ausschließlich von Wanzen leben, wäre nicht gefährlich und auch nicht weiter geschützt.

Und nach weiterer Recherche: Dryudella sehen sehr ähnlich aus. Dryudella stigma ist die anscheinend in Deutschland häufigste Art. Dryudella mag Waldränder und Flugsand und siedelt in lockeren Gemeinschaften. Das käme halbwegs hin. Waldränder und Flugsand existieren in einigen Kilometern Entfernung. Immerhin ernährt sich Dryudella wie Astata vor allem von Wanzenlarven - da macht es in seinen Folgen keinen großen Unterschied, was wir haben. Dryudella ist in Deutschland aber auch gefährdet.

Wenn ich mal davon ausgehe, dass man eher die häufigen als die nicht-so-häufigen Tierchen sieht, bin ich also wieder bei Astata boops als schwarz-rotes Tier. Bei der auch anwesenden gelb-schwarzen-Erdwespe bei der ich weiterhin keinerlei Anhaltspunkte habe, wer sie ist. Gelb-schwarz gestreifte Insekten scheint es auf jeden Fall noch viel mehr zu geben, als schwarze Insekten mit roten Fleck.

Um die Eingangsfragen zu beanworten: wer sind sie? Astatas vermutlich. Was wollen sie? Kinder. Was machen sie? Wanzen essen. Sind sie gefährlich: nein. Sind sie gefährdet: vermutlich nicht. So werden wir noch einige Wochen oder Monate zusammen verbringen. Und wer der Lehmhaufen hier weg ist: Hinter der Hecke bei dem Nachbarn gibt es einen Lehmhaufen, der ist noch viel viel größer als der hier.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen