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Dienstag, 8. März 2016

Schwimmbad TURM. Schwimmen im Erlebnisbad Oranienburg.

Samstagabend: unsere übliche Diskussion. Wir könnten ins Turm-Bad nach Oranienburg. Vom Garten verschwitzt, vom Spatenschwingen durchgeknetet könnten wir im Sole-Außenbecken abhängen. Oder wir könnten im Sportbecken einige erfrischende Bahnen ziehen. Aber es ist teuer. Und wir müssten nass eine rutschige Treppe hinunter- und hinaufsteigen. Meistens belassen wir es bei der Benutzung der Gartendusche oder einen Kurzausflug zum Kremmener See. Aber wenn es schon dunkel wird, der Abend abkühlt und der zu schaufelnde Lehm widerspenstig war, fahren wir doch in die Kreisstadt.

Das Erlebnisbad ist Teil eines gewaltigen Komplexes. Zur TURM ErlebnisCity gehören eine Mehrzweckhalle "MBS Arena", eine weitere Mehrzweckhalle, eine Kletterwand, ein Fitnessstudio, Kegel- und Bowlingbahnen und mehrere Kneipen und Cafés.

Ich finde wenige Informationen zum Komplex. Angesichts der Wuchtigkeit der Anlage ist das erstaunlich. Hier steht vermutlich das größte und teuerste öffentliche Gebäude Oranienburgs. Die Info-Armut ist das noch erstaunlicher. In der Arena spielen vor größeren Zuschauermengen Drittligateams Handball und Volleyball. Aber selbst einen öffentlichen Terminkalender für die Halle fand ich nicht.

Nach Jahren des Rätselns fand ich heraus, dass der Turm, nach dem die Anlage benannt ist, der unspektakuläre aber wenigstens nahegelegene ehemalige Schlauchturm auf dem Schwimmbad-Parkplatz ist. Daneben erfuhr ich, dass Turm in Eigenschreibweise T.U.R.M. lautet: Anfangs noch "übersetzt" als Traum Urlaub Riesen Möglichkeiten. Aber das war selbst den Oranienburgern schnell zu peinlich.


Nächtlicher Eingangsbereich zur TURM-Erlebniscity in Oranienburg.
TURM-ErlebnisCity. Der Eingangsbereich.

Das Bad gehört zur Generation der Spaßbäder, die westdeutsche Investoren Anfang der 1990er ostdeutschen Kleinstädten aufschwatzten und die heute Gemeinden mal mehr oder weniger erfreuen. Ich kann nach meinen Besuchen sagen: Mich macht dieses Bad glücklich. Den Besucherzahlen nach zu urteilen bin ich nicht der einzige.


Gebäude


Das ganze Gebäude wirkt, als hätte sein Architekt in den 1990ern ansonsten Baumärkte geplant. "Form follows function" nenne ich es an meinen netten Tagen. Auf jeden Fall ein Riesenkomplex mit Erlebnisbad, Sportbad, Multifunktionshalle, Kegel- und Bowlingbahnen. Die Architektur habe ich nicht verstanden.

Einige nette Einfälle sind vorhanden: Die schicken Stahlträger, die konvexe Hallenform, die für eine große Fensterfront sorgt. Der Blick vom Sportbecken aus direkt auf die Havel. Insgesamt wirkt es aber nach "Wir haben einfach ganz viel irgendwie in einen Gebäudekomplex zu pressen versucht". Die Stärken des Schwimmbads liegen auf jeden Fall nicht in Optik und Anmutung es Gebäudes. Nur der Blick vom Sportbecken auf die Havel: Der beeindruckt.

Umkleidekabinen/Duschen

 

Am Eingang händigen uns freundliche Menschen an der Kasse einen Chip mit Armband aus. Mit diesem könnten wir nachher in der Gastronomie bezahlen. Der Chip dient auch dazu, einen bestimmten Schrank auf- und abzuschließen. Der Umkleidebereich ist unisex, zu den Spinden kommen wir, indem wir die Kabinen durchqueren. Idealerweise betreten wir die Kabinen auf der Straßenseite in Straßenkleidung und verlassen sie auf der Schwimmbadseite in Badekleidung. Dieser Zwangsdurchgang und die Trennung in einen Bereich innerhalb und außerhalb der Kabinen ist ein System, das sich erst in den letzten Jahren verbreitet. Ich finde es angenehm.

Der Umkleide-Dusch-Bereich ist so weiß/eierschalig/hartplastisch, in keiner Richtung sonderlich auffällig und der uninspirierten Funktionalität es ganzen Gebäudes ähnlich. Der Duschbereich ist eher klein und kuschelig. Die Berliner Bäder verbiegen sich in langen Satzkonstruktionen, um mir das Anlegen der Badebekleidung beim Duschen nahezubringen. Die Oranienburger weisen darauf hin, dass "nackt geduscht" werden muss.  

Nach dem Verlassen der Duschen stehen wir auf einer Galerie. Direkt vor uns liegt das Wellenbad im Erlebnisbereich. Rechts unten führt der Weg es in den Erlebnisbereich hinunter zu Solebecken, Rutsche, Wellenbad und Gastronomie. Links unten liegt das Sportbecken. Zwischen uns und das Becken hat die Publikumsüberwachung das Drehkreuz gesetzt.

Vor allem aber haben die Schwimmbadbauer uns die größte Herausforderung des Bades gesetzt. Die Kachellandschaft hat nicht die Rutschfestigkeit, die von mir gewünscht wird. Spätestens an diesem Punkt ärgere ich mich, wenn ich die Badelatschen vergessen habe. Bisher passierte nichts. Aber ein schönes Erlebnis ist dieses Die-Treppe-herunter-Balancieren nicht.

Schwimmhalle/ Außenbereiche


Die Schwimmhalle ist das Highlight des Schwimmbades. Der Ausdruck Badehalle trifft es allerdings eher. Neben dem etwas eigentümlichem Wasserfall (Kunststein in einer Glas/Metall/Kunststoffhalle sieht mäßig aus) gibt es ein großes Wellenbecken, zwei Rutschen, zwei beheizte Außenbecken und diverse kleinere Becken, Whirlpools, die warm, salzig und sprudelig sind.

Anders als in meinem "Heimatbad" Schöneberg sind die Becken allesamt groß genug, dass wir auch im vollem Bad nicht auf Körperkontakt gehen müssen. Die Außenbecken sind warm und angenehm. Jetzt im Winter bei kahlen Bäumen können wir von einem Becken aus über die benachbarte Havel blicken. Wir sehen im Freigelände stabile Spielgeräte herumstehen. Zum Schwadern und Plantschen nahezu perfekt. Problemlos ist es möglich, sich ein paar Stunden lang in sanft blubberndes warmes Wasser zu hängen, Abendsonne oder Sternenhimmel zu betrachten und das Treiben um sich herum zu beobachten.

An Abenden an denen wir mehr Energie haben, Madame den Schwimmgürtel zum Aquajogging einpackt und ich die Schwimmbrille, gehen wir uns Sportbad. Fünf 25-Meter-Bahnen warten. Am Ende steht ein Sprungturm. Das Becken ist entsprechend tief, hat aber auch an der "flachen" Seite 2 Meter Tiefe. Begrenzt wird das Becken durch eine finnische Rinne.

Wenn wir freitagabends kommen ist eine Bahn zum Flossenschwimmen reserviert. Richtung Havel liegt das Nichtschwimmer/Lehrschwimmbecken. Eine Glasfassade über mehrere Seiten öffnet sich beim Lehrschwimmbecken Richtung Havel. Wie immer - bis auf Potsdam - wenn eine Halle Erlebnisbad und Sportbecken bietet, ist das Sportbecken angenehm leer.

Publikum


Zu den wenigen Informationen, die die Presse über das Bad veröffentlichte, gehört der Besucher aus dem letzten Jahr mit seinem "Arbeit macht frei" Tattoo, der aus dem Bad flog. Glücklicherweise habe ich den Eindruck, dass es sich hier um einen eher untypischen Besucher handelte.

Unsere normale Besuchszeit am Wochenende mag die Wahrnehmung beeinflussen: Voll ist's immer. Ein bunt gemischtes Publikum tummelt sich. Sehr viele Familien und Jugendliche sind anwesend. Für Brandenburg überraschend schwadern viele Menschen nicht deutscher Muttersprache. Wir treffen immer auf eine fröhliche, unstressige Mischung an Menschen, die allein schon gute Laune verbreitet.

Den Nummernschildern auf dem Parkplatz nach zu urteilen, handelt es sich bei der TURM-ErlebnisCity um ein Bad mit überregionaler Ausstrahlung: Dort stehen regelmäßig größere Mengen Autos aus Berlin und den benachbarten Landkreisen. Was daran liegen mag, dass es in Berlin keine vergleichbaren Außenbecken gibt. Für knapp vier Millionen Berliner nur ein einziges Wellenbad in der Stadt selber zur Verfügung steht.

Gastronomie


Die Gastro liegt am rechten Rand der Halle. Wir dürfen unseren Chip durchziehen und abgerechnet wird beim Rausgehen. Dementsprechend ist alles auf nasse Menschen eingestellt. Das ganze wirkt funktional. Glücklich bin ich, weil es die Gastronomie geschafft hat, im Turmzentrum Turm-Milch zu verkaufen. Ansonsten scheint ein Autobahngaststätten-Gastronomiekonzept auf ein Schwimmbad adaptiert worden zu sein.

Die Selbstbedienungstheken und die Bedienstation habe ich ähnlich schon an Autobahn-Raststätten gesehen. Die Auswahl im Menü hält sich in überschaubaren Grenzen: Currywurst, Bulette, Schnitzelgericht und Pommes. Weil wir Hunger hatten, gab es Pommes. Die waren trocken/bröselig, bestenfalls okay.

Preis 


Zwei Stunden 10 Euro, vier Stunden 13 Euro. Möchte man nicht jeden Tag hin, man kann ein paar Stunden bleiben. Gemessen an den 7,50 Euro die Schöneberg für ein 25-Meter-Becken und drei zuverlässig überfüllte Mini-"Spaßbeckchen" haben will, ist das schon wieder ein echtes Schnäppchen. Das Sportbecken ist günstiger als in Berlin. Die Mehrfach/Dauerkartenregelung in Oranienburg ist ähnlich absurd wie in Berlin.  

Öffnungszeiten


Als Berliner Badbesucher sind Öffnungszeiten ja ein echtes Leidensthema. Anders hier: in der Woche von 9 bis 20 Uhr, am Wochenende von 9 bis 22 Uhr. Endlich mal was, womit man planen kann.

 

Fazit 

 

Das Erlebnisbad in der TURM ErlebnisCity ist sicher kein Bad für den Alltagsbesuch. Dazu ist es zu teuer. Aber um am Wochenende nach einem Tag draußen zu schwadern, zu plantschen und es sich gut gehen zu lassen, ein nahezu perfektes Bad. Meine persönliche Wertschätzung Oranienburgs ist auf jeden Fall deutlich gestiegen, seitdem ich das Bad kenne.

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Die Turm-ErlebnisCity ist das Spaßbad im Nordwesten Berlin. Im Südosten liegt das Wildorado Wildau.

T.U.R.M. - Traum Urlaub Richtig Machen - da denke ich an die schönsten, albernsten Schwimmbadnamen von PotWaL bis Woliday.

Alle Iberty: Schwimmbadposts: Schwimmbäder nah und fern. Rückblick und Ausblick. 

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