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Samstag, 20. Februar 2016

Everybody loves to Cha-Cha-Cha




Tanzen ist so ähnlich wie deutsche Literatur: die Schulzeit gibt sich alle Mühe, Menschen jeglichen Spaß daran auszutreiben. Was schade ist: Es ist ganz allgemein schade und im Besonderen und jetzt im Falle Cha-Cha-Cha. Tanz der guten Laune, des Optimismus und Exotismus. Damals in den 1950ern, als die Welt weit und voller Wunder war. Licht, Luft und Sonne in die Welt kam. Während es andernorts ja durchaus ein beständiges 1950s-Revival gibt - von Straßenkreuzern über Rockabilly bis hin zur Tiki-Culture - dämmert der Cha-Cha-Cha etwas vor sich hin. Ich beschuldige die Tanzschulen!

Aber genug vom Elend der Jugend, schnauzbärtigen Männern, die versuchen, friedlichen jungen Menschen komische Benimmregeln einzuhämmern und allgemein so wirkten als hätten sie ihre Tanzlehrerausbildung bei der Bundeswehr erhalten. Auf zu two-three-cha-cha-cha-two-three.
Geboren in anrüchigen Bars des dekadenten Teils Cubas, geschliffen in den Nachtclub New Yorks und danach über die Welt verbreitet. Als Rhythmus immer noch weit verbreitet, als Tanz aber verbannt in die Tanzschul-Ball-Ecke. Welch Schande.

Ein paar Basics


Für diejenigen, die ihre Jugend-Tanzschulzeit erfolgreich verdrängt haben, oder diesen Initiationsritus komplett umgehen konnten: Cha-Cha-Cha ist nach derzeitiger Klassifikation ein Latein-Tanz. Was bedeutet: mensch steht weiter auseinander; was wiederum dazu führt, dass beide – insbesondere natürlich die Folgenden – mehr Gelegenheit und Platz zu Drehungen, Schleifchen und zu anderen theatralischen Verzierungen haben.  Außerdem darf man sich ab und an ins Gesicht schauen, bleibt im Wesentlichen auf dem Platz (weniger Kollisionsgefahr auf der Tanzfläche) und statt des Oberkörpers ist die Hüfte betont. Wenn man es kann, sieht es ungefähr so aus:



(und wie es ausschaut, muss ich wirklich mal ranten über die Qualität der Youtube-Tanz-Videos, die zu einem Drittel aus recht furchtbaren Tanzlehrern - sie sind im Allgemeinen immer noch nicht besser geworden! - bestehen und sonst zu je einem Drittel aus Vollprofis oder Fernseh-Tanz-Shows, die mit dem was normale Menschen so machen einfach sehr sehr wenig zu tun haben. Über den ästhetischen Wert der Tanzprofi-Darbietungen könnte ich mich eh einmal länger auslassen, aber nicht hier. Aber wo wir dabei sind, nochmal welche der nicht ganz so schlimmen You-Tube-Tanzlehrer:





Wie man vielleicht selbst unter der Mitwirkung von Tanzlehrern merkt: Musik, die einem eigentlich keine andere Wahl lässt als gute Laune zu haben, die nette Mischung aus knackigen Cha-Chas und den prononcierten Figuren, Hüftwackeln und offenbar der direkte Geheimweg zu Gute-Laune-Hormonen. 

Cha Cha beginnings

Soweit ich nachverfolgen kann, entstand Cha-Cha aus Danzon:



und Mambo



Dabei begannen Tänzer und Tänzerinnen die typischen kurzen Zwischenschritte zu machen, der Name Cha-Cha-Cha stammt vom Geräusch der Sohlen, die über die Tanzfläche streifen. In fertig hörte sich die Musik in den 1950ern dann so an:



Cha-Cha hat dabei auch überraschend europäische Wurzeln. Der Danzon wiederum entstand aus dem Contradanza, der wiederum auf die englischen Country Dances und den französischen Contradanse zurückgeht, über die ich letztens schon bloggte. Nun bringt man also englische und französische Tänze durch Spanien über den Atlantik, bringt afrikanische Rhythmik und Synkopierungen hinzu, lässte das ganze ein paar hundert Jahren vor sich hinköcheln und kommt mit einem lateinamerikanischen Tanz heraus.

Cuba war damals noch in der Vor-Fidel-Castro- und Che-Guevara-Zeit. Es handelte sich um eine Art vorgelagertes Vergnügungsviertel der USA ohne störende US-Behörden, aber dafür mit einem ernsthaften Mafia-Problem; aber auch mit Sonne, Sommer, Strand und Meer. Nicht wenige legendäre Cocktails enstammen dem 50er-Jahre-Cuba ebenso wie einiges was heute in der Welt getanzt wird. So auch der Cha-Cha-Cha, der in Nachtclubs besserer und schlechterer (Mafia!) Reputation gespielt wurde. Über Cuba ging es dann nach New York City (Mafia!).

Damit aber nicht genug, der Cha Cha Cha reiste dann von zwielichtigen Bars auf Cuba in nicht ganz so zwielichtige Ballsäle in New York City, wurde da verfeinert, abgeschliffen, rhythmisch vereinfachert und eroberte die Welt. Die große Leistung der USA schon damals: Entwicklungen aufzugreifen und in eine Form zu bringen, mit der die ganze Welt etwas anfangen kann.



In den USA war es ein Riesenhit, nicht zuletzt unsterblich durch



Es ging auch nach Europa:




Und dann in das Welttanzprogramm - Richtschnur für ernsthafte Tanzwettbewerbe ebenso wie für das Tanzschulprogramm. Dann begannen sich Profitänzer und Tanzlehrer auf den armen Tanz zu stürzen. Gut, dass der Tanz überlebte und immer noch rhythmisch, verspielt, schmissig, ironisch und energetisch ist. Wenn man es richtig kann - und professionell tanzt - sieht freie Choreographie nach vage Cha-Cha-ähnlichem Rhythmus ungefähr so aus




Aber wie schon gesagt. Profitanz ist etwas sehr anderes als das Freizeitvergnügen. In echt, wenn man es viel besser kann als ich, sieht es eher so aus (wenn auch meist ohne Kostüme)




Das ist aber immer noch Turnier und Sport und damit potentiell anstrengend. Und deshalb lieber Back to the roots:



Have Fun! Licht, Liebe und Sonne!

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