Kontext:
In ein paar Tagen veröffentlicht Wikimedia Deutschland den unverbindlichen Jahresplanentwurf für 2015. Aufgrund diverser Umstände arbeitet der Verein mit einem vorläufigen Jahresplan, der endgültige Plan wird von der Mitgliederversammlung am 18. April in Köln beschlossen. Nun kommt vom Vorstand der Vorschlag, der dann ein paar Wochen kommentiert werden kann,Änderungsvorschläge können eingebracht und Änderungsanträge können gestellt werden. Bevor ich mich da mit Inhalten beschäftige, vielleicht erst einmal ein paar formale Erwartungen und Hoffnungen.Was der Plan wohl enthalten wird?
Aus diversen Gründen entstand dieser unverbindliche Planvorschlag nicht offen und partizipativ, sondern wurde von Teilen der Geschäftsstelle erstellt, dem Präsidium vorgeschlagen/mit diesem diskutiert und wird dann in die Öffentlichkeit gegeben. Das heißt aber auch: Menschen, die nicht gerade im Planungskommittee der GS sitzen oder aber Präsiden sind, haben faktisch nur eine einzige Chance, auf den Plan inhaltich Einfluss zu nehmen: durch die MV. Um die Chance zu haben, Einfluss zu nehmen, muss der Plan aber ein paar Bedingungen erfüllen.
Was sollte ein Plan?
Bevor ich aber zu den Bedingungen komme, sollte ich vielleicht etwas weiter ausholen zum Wesen des Planes an sich. An sich sollte ein Plan ja drei Teile haben: was? wie? und warum? Was soll erreicht werden? Wie soll das praktisch umgesetzt werden? Und warum sind diese Ziele sinnvoll und warum ist die Art der Zielerreichung so und nicht anders? Sinnvollerweise hängt das alles zusammen: also es wird klar, welches Ziel warum wie erreicht werden soll.
Nun haben die WMDE-Jahrespläne bisher eher die Eigenschaft, dass das "warum" fast vollkommen fehlt: warum also von den dröflzig Millionen Sachen, die man machen könnte zum Beispiel im derzeitigen vorläufigen Plan diese acht operativen Ziele und 29 Teilziele ausgewählt wurden, wird nicht deutlich. Das ist um so ärgerlicher, weil von den drölfzig Millionen Zielen vermutlich halbdrölfzig Millionen ganz sinnvoll sind, und der Grund warum der Verein nur 29 Teilziele statt halbdröflzig Millionen verfolgt, mangelnde Ressourcen sind. Die Frage "warum diese und keine anderen?" sollte schon deutlich beantwortet werden. Der Zusammenhang zur Präambel (die am ehesten als "warum" interpretiert werden kann) und den Teilzielen wird zumindest mir nicht so recht deutlich.
Exkurs: ein Beispiel:
Um ein Beispiel aus dem aktuell geltenden vorläufigen Plan zu nehmen. Hier ist ein Abschnitt aus der Präambel:
"Viele Erkenntnisse haben wir in den letzten Jahren aus der Arbeit in den Bildungs- und Kulturbereichen gewonnen. Auch hier sind es Freiwillige, die mit ihrem Engagement und ihren Ideen Türen zu Institutionen aufstoßen oder gesellschaftliche Entscheider beeinflussen. Freiwillige setzen sich dafür ein, dass das Bildungssystem in Deutschland gegenüber freien Bildungsmaterialien geöffnet wird. Freiwillige engagieren sich für eine Modernisierung des Urheberrechts auf europäischer Ebene. Hier wie dort benötigen sie Möglichkeiten, sich zu vernetzen. Sie benötigen Strukturen und Plattformen, die sie nutzen können."
Soweit ich das nachvollziehen kann, sind dies dazu gehörige Teilziele:
"
Veranstaltungsreihen – WMDE etabliert Veranstaltungsreihen (z. B. Wikimedia Salon, Monsters of Laws, Bildungsreihe), um neue Kontakte zu generieren und die Vernetzung mit Institutionen voranzutreiben. | |
Modellprojekt – Durch die gemeinsame Initiierung eines Modellprojekts mit einer exzellenten Wissenschaftinstitution soll das Thema Freies Wissen im Wissenschaftsbereich verankert werden. | |
Datenfreigabe – Durch den Ausbau der Kooperationen mit Institutionen aus dem Kulturbereich (z.B. Erweiterung von Coding da Vinci) wird die konkrete Datenfreigabe von Insitutionen erhöht. (Outcome) |
Mir wird nicht so recht deutlich, wo da die Verbindung von einem zum anderen ist. Wobei es nicht hilft, dass die Struktur in Präambel und Zielen komplett verschieden ist, und es höherer Kremlogie bedarf um zu ergründen, welche Begründung sich wohl auf welches Ziel beziehen könnte.
Nicht erleichternd kommt hinzu, dass der Plan zwar Indikatoren vorsieht, ob ein Ziel erreicht wurde, diese aber vorsichtshalber nicht ausführt und nicht sagt, wann und wie sie erfüllt sein könnten. Nach dem Plan in der alten Form wären die Ziele erfüllt, wenn mal irgendjemand irgendwas in die Richtung gemacht hat.
Der Disconnect
Einem Plan sollte man ins Gesicht sehen können.
Schwieriger aber, wenn es um - nicht-nur-die-Geschäftsstelle-macht-den-Plan geht, ist der komplette Disconnect zwischen was und wie. In den Zielen gibt es vier Programmlinien mit den erwähnten acht operativen und 29 Teilzielen im "wie: ergo Finanzen und Personal" gibt es zwölf Positionen, die offensichtlich nicht direkt mit den Zielen zusammenhängen, sondern einfach da sind. Auf irgendeine Begründung warum es so ist, verzichtet der Plan vorsichtshalber ganz. Auf irgendeine nachvollziehbaren Zusammenhang wie Budget und Personal mit den Zielen zusammenhängen verzichtet der Plan vorsichtshalber auch. Als einfaches Beispiel: der Verdacht liegt nahe, dass die 7 FTEs aus dem Bereich Bildung und tendenziell für an den Zielen "Institutionen" etc. arbeiten. Wenn die sieben jetzt aber anfangen würden, alle Javascript für Wikidata zu programmieren. wäre das durch den Plan aber immer noch locker gedeckt.
Das heißt konkret:
* Von Außen ist nicht nachvollziehbar, welches Ziel welche Priorität hat, wie es umgesetzt wird und welche Ressourcen dafür jeweils zur Verfügung stehen.
* Es gibt im ganzen Plan keinerlei Begründung, warum das Budget so verteilt wird wie es verteilt wird.
* Es gibt im Nachhinein natürlich auch keinerlei Rechenschaft darüber, ob das Budget für die Ziele in dem Maße ausgegeben wurde, die der Plan vorsah, sondern es ist im Wesentlichen eine Blankovollmacht über eine siebenstellige Summe.
* Wenn es auch keine nachvollziehbaren Indikatoren für die Ziele gibt, ist es auch da im Nachhinein nicht absehbar, ob da nun etwas gut oder eher nicht gut gelaufen ist.
Für Änderungsanträge heißt das konkret:
* Es ist unmöglich Ziele anders zu priosieren, weil die Priosierung komplett unklar ist. Nicht einmal eine Erklärung was denn nun der Unterschied zwischen Teilziel und Operativem Ziel ist, enthält er. Und wenn der Planentwurf im Hintergrund vorsieht Ziel A wird mit großen Ressourcen erreicht und Ziel B mit kleinen, ist das von Außen nicht nachvollziehbar, weil nicht dargestelt. Die MV hat keinerlei Möglichkeit zu sagen "uns ist Ziel B aber wichtiger."
* Das heißt für Antragssteller: Anträge zu Zielen haben für den Antragssteller extrem unvorhersehbare Auswirkungen auf die konkrete Arbeit, Antragssteller haben jetzt auch schon mehr als einmal zu hören bekommen "das geht so nicht" ohne dass klar wäre, warum und ohne dass dem jemand inhatlich fundiert widersprechen könnte - es fehlen ja grundlegende Informationen. Jeder Antrag in Bezug auf Ziele ist Stochern im Nebel.
* Das heißt für Antragssteller: Anträge zu Ressourcen haben extrem unklare Auswirkungen auf die Ziele. Antragssteller haben jetzt auch schon mehr als einmal zu hören bekommen "das geht so nicht" ohne dass klar wäre, warum und ohne dass dem jemand inhatlich fundiert widersprechen könnte - es fehlen ja grundlegende Informationen. Jeder Antrag in Bezug auf Ressourcen ist Stochern im Nebel.
Wünsche für 2015
Ich bin gespannt.
Soviel dazu. Der vorläufige Plan ist vom letzten Jahr und das ist a soooo 2014. Jetzt haben wir Neuer-Plan-Neues-Glück und die Hoffnung auf mehr Einfluss. Deshalb meine Hoffnungen für den unverbindlichen Planentwurf 2015:
* Ein klares "warum" sowohl bei den Zielen als auch bei den Ressourcen und ein klares "warum nicht" andere Ziele.
* Eine deutliche nachvollziehbare Verbindung zwischen dem Warum und spezifischen Zielen.
* Indikatoren, die nicht Absichtserklärungen eines Indikators sind, sondern tatsächliche nachvollziehbare und in Nachhinein überprüfbare Größen sind.
* Eine nach außen deutliche Priorisierung der Ziele, unter anderem in dem klar wird, welche Ressourcen für welches Ziel zur Verfügung stehen.
* Eine Begründung für das "wie" - also Finanz- und andere Teile.
* Eine nachvollziehbare Verbindung zwischen Zielen und Ressourcen, die es nachvollziehbar macht, wie sich eine Zieländerung auf die Ressourcen auswirkt und eine Ressourcenänderung auf die Ziele,
Ich bin gespannt.
Mh, Dirk, überfrachtest Du nicht den Jahresplanentwurf ziemlich mit Deinen Erwartungen? Wären diese nicht besser für den Planungsprozess 2016 aufgehoben?
AntwortenLöschenDie MV hat ja keine grundsätzliche Kritik am Jahresplan formuliert (sie hat leider sehr wenig inhaltlich zu dem Plan gesagt), sondern den Vorstand damit beauftragt, einen neuen Planentwurf bis zur ausserordentlichen MV vorzulegen, der die durch die Kürzungen des FDC entstandende Finanzierungslücke berücksichtigt. Ich kenne den Plantentwurf natürlich auch nicht, aber dieser Auftrag wäre formal auch dann erfüllt, wenn einfach die fehlenden 360k€ (war das die Summe) "irgendwo" anders gefunden würden.
Ich kann mir nicht vorstellen (und wüsste auch nicht, auf welchem Mandat sie dies tun sollten), dass die GS in den letzten Monaten den Plan massiv überarbeitet hat. Das letzte Präsidium hat den Entwurf verabschiedet, die MV hat keine inhaltliche Position bezogen - warum sollte die GS radikale Änderungen vornehmen? (Und das ist jetzt völlig unabhängig davon, ob man den Plan nun gut findet oder nicht).
Völlig unabhängig davon finde ich es sehr gut, dass endlich mal jemand solche Erwartungen formuliert; dank des Beschlusses der MV (auf Antrag von Rebecca, afair) muss sich ja für die Planung 2016 einiges ändern (ich halte mich jetzt mal wg. persönlicher Befangenheit aus der inhaltlichen Debatte raus, ich habe genug Jahrespläne für WMDE erstellt, und muss mich dazu erstmal nicht mehr äussern).
Ich weiß gar nicht. Ist das soviel? Inhaltliche Erwartungen an Änderungen postuliere ich ja gar nicht.
AntwortenLöschenZuerst einmal gehe ich davon aus, dass irgendeine größere Überarbeitung stattgefunden haben muss. Die "Kürzung um 360.000" hatte Jan ja nach eigenen Angaben schon zur MV fertig. Irgendwas muss ja zwischen dem 29.11. (MV) und Anfang Februar (Plan-Entwurf bei Präsidium) passiert sein.
Wobei, was ich hier ja als Erwartung postuliere, ist:
* "Ein klares "warum" sowohl bei den Zielen als auch bei den Ressourcen und ein klares "warum nicht" andere Ziele." - zugunsten von allen Beteiligten gehe ich jetzt mal davon aus, dass es ein Warum gibt und die Ausarbeitenden Wissen, warum sie welche Ziele ausgewählt haben; da ist die Frage ob es im Plan steht oder nicht.
* "Eine deutliche nachvollziehbare Verbindung zwischen dem Warum und spezifischen Zielen." - dito
* "Indikatoren, die nicht Absichtserklärungen eines Indikators sind, sondern tatsächliche nachvollziehbare und in Nachhinein überprüfbare Größen sind." - da wir mittlerweile sechs Wochen im Jahr sind, sollte das auch in Teilen existieren. Zumal die Planung anscheinend weit genug ist, um Stellenplanung zu betreiben. Da ist mE auch weniger die Frage ob es existiert sondern mehr ob es explizit im Plan steht.
* "Eine nach außen deutliche Priorisierung der Ziele, unter anderem in dem klar wird, welche Ressourcen für welches Ziel zur Verfügung stehen." - hoffe doch sehr, dass da jemand priorisiert hat
* "Eine nachvollziehbare Verbindung zwischen Zielen und Ressourcen, die es nachvollziehbar macht, wie sich eine Zieländerung auf die Ressourcen auswirkt und eine Ressourcenänderung auf die Ziele," - auch da gehe ich zu Gunsten aller Beteiligten davon aus, dass Ziele und Ressourcenplanung zusammenhängen. Frage ist halt, ob dieser Zusammenhang auch im Plan steht.
Oh, ich hatte das schon nach dem ersten Lesen verstanden, was Du gerne hättest. Und ich bewerte das auch gar nicht, ob ich das richtig oder falsch finde. Aber ich frage: Woher hätte denn jemand wissen sollen, dass der Jahresplan, so wie ihn die Mitarbeiter für die MV im November erarbeitet haben, grundsätzlich verändert werden sollte, noch dazu in die Richtung, die Du hier entwirfst?
AntwortenLöschenIm Gegenteil, es spricht einiges dafür, es auch für die kommende MV so zu machen, wie es bisher gemacht wurde. Denn seit 2009 haben alle MVs den vorgelegten Entwürfen zugestimmt, afaik stets ohne Gegenstimmen. Ebenso bei der Entlastung des Vorstand am Ende eines Jahres, die ebenfalls (bis auf die letzten beiden Male) ohne signifikante Gegenstimmen erfolgte. Waum sollte also Grund zur Annahme bestehen, dass die Mitglieder mit der Jahresplanung und der daraus resultierenden Arbeit unzufrieden sein sollten? (Ich frage das wirklich völlig unschuldig - das nicht alles so rosig war, wie die Ergebnisse der Abstimmungen dies aussehen lassen, ist mir auch klar. Auch sage ich nicht: Alles war super - ich sage, woher sollte denn bei diesen Zeichen der Impuls herkommen, irgendetwas anders zu machen als bisher?).
Nochmal: Das alles spricht nicht dagegen, es in Zukunft ganz anders zu machen. Und die vorzeitige Trennung von mir als Vorstand macht das Tor für Änderungen ja tatsächlich sehr weit auf - aber dann bitte a) mit klaren Entscheidungen der Mitgliederversammlungen, b) klaren Vorgaben durch das Präsidium, und c) mit entsprechender Vorlaufzeit. Deshalb mein Hinweis, die Energie lieber in den Planungsprozess 2016 zu stecken, statt jetzt an einem Plan, der zum Zeitpunkt der nächsten MV zu mehr als 25% bereits umgesetzt sein muss, rumzuwerkeln.
"Völlig unabhängig davon finde ich es sehr gut, dass endlich mal jemand solche Erwartungen formuliert" - Für jemanden wie Richter, der jahrelang als ein zentral Verantwortlicher für das Fehlen von Zusammenhängen des Wie und Was (und Warums) steht, ist es schon ein hartes Stück hier so neunmalaltklug aufzutreten.
AntwortenLöschenDass die Leitung der Geschäftsstelle in der Vergangenheit faktisch Vorgaben des Präsidiums im alltäglichen Handeln ignoriert hat und es auch strukturell versäumt wurde die MV zu einem tatsächlichen Ort des diskursiven Austausches zwischen möglichst vielen Vereinsmitgliedern zu machen, ist bekannt.
All dies zeigt deutlich, mit welch selbstherrlichem Personal dieser Verein in der Vergangenheit "gesegnet" war und was auch weiterhin in diesem Verein (und insbesondere bei der Arbeit der Geschäftsstelle) geschehen muss.
Pavel: ich denke ja, wir uns in zwei Punkten einig: das was ich hier schrub ist nun weder Teufelszeug noch ist es wahnsinnig aufwendig umsetzbar und es gab im Vorfeld der letzten Jahresplandiskussion deutlich den Wunsch nach mehr Partizipation. Es ist nicht so originell, dass man nicht von alleine drauf kommen könnte und die Umsetzung dürfte auch nicht sehr aufwendig sein, weil dafür - so hoffe ich - nichts neu gemacht werden könnte
AntwortenLöschenDen Wunsch nach mehr Partizipation gibt es ja nun auch schon länger. Es gibt den Beschluss der 8. MV, es gibt die Diskussion im Vorfeld zu Rebeccas Antrag, es gibt die Diskussion zum ersten unverbindlichen Jahresplanentwurf und es gab eine sehr große Mehrheit zu Rebeccas Antrag.
Da ist dann die Frage: will man die Paritizipation aus innerem Antrieb (also "rausgehen, rausgehen, rausgehen") oder macht man es weil man halt muss. Zum rausgehen und innerem Antrieb zeigen wäre das hier beschriebene ein kleines, unaufwendiges Mindestprogramm - das andere sieht halt wieder nach Schwergängigkeit, sich-sperren und nur-das-machen-was-unbedingt-sein-muss aus. Kann man machen, dann darf man sich aber nicht wundern, dass weiterhin alle, die sich Beteiligen, eine sehr übersichtliche Zahl ebenso meinungsstarker wie schmerzbefreiter Menschen sind.