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Dienstag, 15. März 2011

Panik!

Vorweg: wir werden nicht alle sterben. Nichtmal alle Japaner werden sterben. Auch wenn ich manchmal den leisen Eindruck habe, mancher würde sich freuen, weil das seinen politischen Punkt besser machte.

Auch vorweg: Jedesmal wenn ich das KKW Brunsbüttel sehe, warte ich auf den Tag, an dem das KKW einfach aus Altersschwäche zusammenbricht. Die Abschaltung der derzeit diskutierten Atomkraftwerke ist sehr dringend nötig. Und nochmal vorweg: was wirklich in Fukuschima passiert, weiß nur eine zweistellige Zahl von Leuten, und selbst die nicht, da anscheinend ein Großteil der Messgeräte hinüber scheint. Mittlerweile tritt ernsthaft Radioaktivität aus, aber immer noch weiß niemand, wo wie wann es in Japan nun jemand trifft. In Panik wegrennen, wenn es einen vielleicht trifft, ist meistens kontraproduktiv, aber verständlich. In Panik wegrennen, wenn es vielleicht jemand auf der anderen Hälfte des Erdballs trifft...

Aber um mal auf Snotty zu antworten: das Kernkraftwerk scheint sowas wie die deutsche Urangst zu verkörpern. Die deutsche Anti-AKW-Bewegung ist wohl tatsächlich die einzige Bewegung, die relativ kontinuierlich große Menschenmassen auf die Straße bringt. Keine Friedensbewegung schafft das, Anti-Nazi nur ab und zu anlassbezogen und mit enormen internen Spannungen. Weder für noch gegen Integration bringt eine solche Massenbewegung zustande, keine Frauenrechte, keine niedrigeren Steuern, Welthunger schon gar nicht. Nicht mal bessere Straßen bringen zuverlässig solche Menschenmassen auf die Straßen und Plätze. Aber sei gegen Atom, und die Menge ist Dein Freund. Bei allem, was man Deutschen gern, oft und gut vorwerfen kann, eine besondere Sympathie für Atomkraft gehört nicht dazu.

Nun ist Kernkraft dennoch nicht das einzige Thema, dass die Deutschen an sich bewegt. Wahlen haben den Nachteil, dass es Pakete gibt, und seien wir ehrlich: die SPD ist ein wandelndes Desaster, die Linke vor allem mit sich selbst beschäftigt, und die Grünen geben einem mehr als genug Gründe, halt auch eventuell die Kernkraftkröte zu schlucken. Aber ich muss doch sagen, nur weil ein Teil der Leute bereit war, in einem Punkt eine Kröte zu schlucken, heißt nun nicht, dass alle anderen die Kröte auch noch füttern müssen oder nicht darauf hinweisen dürfen, dass sie da ist. Das ist dann doch eher wilhelmisches Politikverständnis.

So gesehen verkörpert die derzeitige Aufwühlung genau das, was ich ja eigentlich immer predige: kein Hühnerhaufen, sondern langfristige politische Arbeit und Strukturen, die dem ganzen zu Grunde liegen. Aber, und das ist wohl das Schmerzliche, etwas für Japan tun kann man auch mit guten Strukturen und langfristiger Organisation nicht. Geld hat Japanan selber, die Mengen, die man braucht, um eine Wirtschaft zu stabilisieren, lassen sich mit privater Hilfe nicht aufbringen. Auch sich-selbst-detailgenau-informiert-halten ist zwar abstrakt gut, hilft aber Niemanden. Das was Japan braucht, hat hier niemand. Über Mappus schimpfen oder gar demonstrieren, ist zwar auch nicht zielführender, aber immerhin gibt es einem das Gefühl aktiv zu sein. Menschen brauchen sowas.

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