Montag, 20. Dezember 2010

Balettmontag: Traktor

Montag ist leer so ohne Traktor. Kein Traktormontag mehr, nur noch Wochenanfang. Wenn der Traktor weg ist, was dann? Genau. Ballett! Um die Eingewöhnung zu erleichtern, allerdings erstmal ein Traktorpost zum Thema Ballett? Überraschenderweise gibt es eher weniger Punkte der Überschreidung. Traktorballet wäre zwar offensichtlich, aber ist dann doch eher Traktor goes Ballett als Ballett goes Traktor. Aufgeführt zum 20-jährigen Jubiläum des schwedischen Ice-Hotels und mir unbegreiflicherweise zur Zeit nur mit niedrigen dreistelligen Zuschauerzahlen ausgestattet.



Aber dann? Das Time Magazine 1960 sah das Ballett gar als Gegensatz des Traktors! Time: Cinema: Russian Without Tractors Time immerhin gibt den richtigen Typ: Russland. Sowjetunion. Wenn ein Staat je sowohl Traktoren als auch Ballett zu obersten Priorität erklärt hat, dann die Sowjetunion. Und siehe da, es gibt auch ein Ballett im Traktoristen-Milieu: Dmitri Schostakowitschs Der helle Bach. spiegelt dabei auch noch Glanz und vor allem Elend sowjetischer Kulturpolitik.

Das Ballett ist eine Komödie, die auf einem kollektivierten Bauernhof spielt. Der Handlungsort sollte das Wohlwollen der Zensoren sichern, die Oper stammt von 1935, einer Zeit, in der Verfolgungen und Deportationen zum Alltag gehörten. Obwohl anspruchsvoll und musikalisch auf der Höhe der Zeit, sollte Der helle Bach doch leicht verständlich sein. Die Uraufführung in Leningrad traf auf begeistert Zuseher, die Oper war weitgehend ausverkauft, die sowjetischen Kritiker begeistert.

Andererseits war Schostakowistsch schon durch seine Oper Lady Macbeth von Mzensk in Ungnade gefallen. Obwohl für die Moskauer Aufführung entschäft und verharmlost, war die Oper wohl von Beginn an chancenos. Die Prawda schrieb einen vernichtenden Verriss, warf den Künstlern falsches Klassenbewusst sein und großrussische Attitüten gegenüber der Bauernklasse vor.

Die Kritik war vernichtend: Schostakowitsch, als der berühmteste am Werk beteiligtem durfte weiter komponieren, stellte jedoch alle Arbeiten an dramatischen Werken ein. Der Co-Librettist Adrian Piotrowski landete im Gulag, der Choreograph Fedor Lopukschow verlor seinen Posten als Chef des Bolschoi-Balletts und wurde wohl noch durch verwandtschaftliche Beziehungen vor dem Gulag bewahrt. Das Bolschoi wartete bis 2003, bis es den hellen Bach wieder inszeniert.


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

entschäft ???