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Freitag, 26. November 2010

Wissenswert-Projekte (VI): Berlin live Wiki

So, auf zum letzten Teil der Wissenswert-Serie. Ich vermute mal das Grundprinzip ist mittlerweile klar: Wikimedia Deutschland verteilt Geld. Im Rahmen des Wissenswert-Initiative können Projekte zwischen 500 und 5000 Euro Förderung gewinnen, die mit den Zielen von Wikimedia Deutschland übereinstimmen. Für eine große Übersicht gibt es dem Rundumschlag.

Das Berlin live Wiki steht mir gleich aus zweierlei Gründen nahe: einerseits bin ich eh großer Anhänger und Verfechter des echten Lokaljournalismus, zur Zeit schaue ich da halt recht zwangsläufig besonders auf Berlin. Zum anderen lese ich das schon existierende Magazin Bier statt Blumen recht regelmäßig und wünsche mir mehr Inhalte dieser Art.

Johanna von Stülpnagel und Nicole Walter schlagen ein journalistisch betreutes Wiki mit offener Redaktion vor, dass nicht nur Inhalte erstellen soll. Ebenso soll es auch die politisch, kulturell und gesellschaftlich engagierten Menschen vernetzen, die das Wiki lesen oder darin schreiben. Das Wiki als Basis, um auch in der materiellen Welt Netzwerke zu schaffen.



Das Lokaljournalismusoffenwiki wie ich es mal nennen will, ist mir daher auch sehr symapthatisch. Wobei ich leider noch diverse Probleme in seiner Verwirklichung lese, und Zweifel habe, ob das mit dem Wiki wirklich so läuft, wie sich Johanna von Stülpnagel und Nicole Walter das vorstellen: sehr viel Charme hat die Idee. Wenn es läuft entwickeln sich da wirklich neue Verfahren. Auf jeden Fall ein Projekt, dem ich Erfolg wünsche. Um sie selbst zu Worte kommen zu lassen:

Wir möchten ein Wiki für Berlin starten, das sich um aktuelle Nachrichten aus Politik, Gesellschaft und Kultur dreht. 3 Dinge zeichnen es aus: Journalisten unterstützen das Wiki mit eigenen Recherchen. Zweitens, soll das Wiki soll nicht nur im Netz, sondern auch live in Berlin stattfinden. Einige Tage in der Wochen arbeiten die Wiki-Journalisten als Live-Kuratoren des Wiki in einem offenen Büro. Wer das Wiki liest und / oder mitschreibt, ist eingeladen vorbei zu kommen mit Kritik, Fragen, Vorschlägen. Drittens, soll es ein Markenzeichen des Wikis werden, dass es Menschen persönlich vernetzt.

Warum Berlin? Wenn irgendeine Stadt in Deutschland überberichtet wird, dann doch wohl diese. Hätten Frankfurt/Oldenburg/Riesa/Hellschen-Herigsand-Unterschaar solche Projekte nicht viel nötiger?

Ganz klar, die Projektidee an sich ist unabhängig von Berlin. Ein Live Wiki können wir uns ebenso gut in Riesa oder Hellschen-Heringsand-Unterschaar vorstellen. Und unsere Erfahrungen geben wir sehr gerne weiter.

Nur selbst umsetzen würden wir es nicht, weil wir dort nicht vor Ort sind und keine „Lokalhaftung“ haben, was wir aber ganz wichtig finden, um es gut zu machen.


Wir haben uns für Berlin entschieden, weil wir hier leben und hier seit einer guten Weile journalistisch arbeiten. Hier kennen wir uns aus, hier leben wir, hier sind wir täglich unterwegs. So können wir Interviews persönlich führen, direkt vor Ort recherchieren und direkt mit den Menschen sprechen.

Wir glauben nicht, dass Berlin „überberichtet“ ist: Oft berichten viele Berliner Medien über die gleichen Themen, stehen unter Zeitdruck. Mit langem Atem an den Themen dran zu bleiben, aus einem anderen Blickwinkel zu berichten, ausführlicher zu sein, das soll uns unterscheiden. Ein Beispiel dazu: „Rundreise der Gutmenschen“ – Johanna berichtet über eine Pressefahrt der Berliner Sozialsenatorin Carola Bluhm und des Integrationsbeauftragten Günter Piening zu Palästinensern in Berlin. Darüber haben fast alle Berliner Medien berichtet, aber Johanna hat einen ganz anderen Bericht daraus gemacht als die anderen.

Offenes Büro klingt ja immer gut. Aber meint ihr, ihr kommt zum Schreiben, wenn ihr gleichzeitig die üblichen Büro-Besuchs-Abhänger beschäftigen sollt?

Da unsere Bürostammbesetzung aus mindestens zwei Redakteuren besteht, soll immer eine Luft haben, um sich auf Recherchen und Schreiben zu konzentrieren. Wir wollen drei offene Kern-Bürotage in der Woche haben und sind auch darauf vorbereitet, abends und am Wochenende reinzuhauen, wenn ruhige, konzentrationsschluckende Dinge anstehen. Und einige von uns haben lange in turbulenten Großraum-Redaktionen gearbeitet, tun es zum Teil heute noch, und da sind wir schön stressresistent geworden.

So sehr ich die Inhalte von bierstattblumen schätze. Habt ihr Wiki-Erfahrungen und eine Ahnung was da im Erfolgsfall an Community-Dynamik auf Euch zukommt?

Ganz klar: Wir haben keine Wiki-Erfahrungen. Im Erfolgsfall begrüßen wir die „Community-Dynamik“, denn aus der Erfahrung der vergangenen Monate wissen wir: Ein Live-Magazin braucht Dynamik. Und mehr Menschen bedeuten zwar organisatorischen Aufwand, jedoch auch mehr und unterschiedlichste Inhalte. Und das ist das, was eine aktive und fruchtbare Plattform ausmacht. Schon jetzt vernetzt bier statt blumen deutlich mehr als eine Handvoll Personen, das ist sozusagen ein Grundzug des Projekts, den wir im Live-Wiki bewusst ausbauen wollen.

So ganz klar ist mir die Rollenverteilung in dem Wiki noch nicht? Sollen die Journalisten helfen und unterstützen oder haben sie viel eigenen Anteil an den Inhalten?


Es wird Projekte geben, bei denen wir die leitend eingreifen, indem wir die Rahmenbedingungen vorgeben, durch Rat und Tat unterstützen und die Räume stellen. Wir sind Anlaufstelle und bieten Erstkontakt, wollen jedoch auch Folgeprojekte mit anstoßen, die dann durchaus auch auf eigenen Beinen laufen sollen.

Unsere journalistische Kernaufgabe sehen wir darin: Fakten zu prüfen; zu sehen, welche Informationen zu einem Thema fehlen und diese zu recherchieren; Interviews zu führen; dran zu bleiben an aktuellen Entwicklungen, um die Beiträge entsprechend zu aktualisieren; bei Bedarf Themen-Ideen einzuwerfen.


Und zum Antrag selbst die Abschlussfrage an alle: braucht ihr das Geld unbedingt? Oder wäre es nur eine Hilfe bei einem ansonsten auch laufenden Projekt?

Ein klares Ja: Wir brauchen das Geld. Unbedingt. So sehr wir von unserem Idealismus und unserem Engagement zehren können, so notwendig sind finanzielle Mittel, um ein Niveau zu erreichen, von dem man aus auf eigenen, „pekuniären Füßen“ stehen kann. Daher wäre eine Unterstützung in der nächsten Zeit wesentlich als Schub in die Zukunft. Denn im Moment haben wir keine solide finanzielle Basis, sondern stemmen das alles mit Idealismus.




1 Kommentar:

  1. vielen dank für die aufschlussreichen antworten, ich wünsche euch für euer projekt alles gute, meine stimme sollt ihr haben!

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