Aufgrund einer unersprießlichen Debatte, um eine Buchveröffentlichung, deren Details nachzuzeichnen mir deutlich zu mühsam ist, hat mspro einen durchaus spannenden Text "Geistige Eigentümlichkeiten" geschrieben. Den finde ich um so interessanter, weil ich eigentlich in jedem Punkt widersprechen..
muss.
Von mir verkürzend widergegeben schreibt mspro:
"es sieht nicht so aus, als seien Tweets urheberrechtlich geschützt ... [a]ber machen wir uns nichts vor: es wäre schlimm, wenn Tweets ein Urheberrecht hätten"
"Der sich ärgernde Autor jedoch steht als grüner, eifersüchtiger Gnom da, der aus reiner Missgunst – ja, aus purem Geiz – auf seine Referenz pocht"
"Wir haben hier auf Twitter die Chance auszuprobieren, wie eine Welt ohne Urheberrecht funktioniert, weil es das hier tatsächlich nicht gibt. Wir können hier proben, wie wir mit unserer Eifersucht und Missgust umgehen können und ob wir es überhaupt können. "
Um erstmal eine gemeinsame Basis zu finden: mir ist auch kein Urteil zum Thema bekant und deshalb alles mit Vorsicht zu genießen. Aber eben deshalb glaube ich nicht, dass ein Jurist pauschal sagen kann, dass Tweets generell jenseits der Schöpfungshöhe sind. Wenn ich mir ansehe wie schnell man sich bei wie kurzen Brecht- oder Kästner-Zitaten Ärger ins Haus holen kann, halte ich das für fragwürdig.
Schwarzweißes Schaf.
Aber gehen wir mal um des Arguments willen darauf ein, dass Tweets an sich nicht schutzfähig sind. Dann kann man natürlich nicht von der Freiheit des einzelnen Tweets auf Twitter als "Welt ohne Urheberrecht" schließen. Abgesehen vom komischen Datenbankrecht, dass mspro an anderer Stelle selbst in Spiel bringt. Spätestens ab mehreren Tweets hintereinander wird es ziemlich schutzfähig, denn auch wenn mein einzelner Buchstabe frei ist, die Ansammlung vieler Buchstaben schleicht sich doch unaufhörlich ins Urheberrecht.
Das mag bisher nicht so virulent geworden sein, liegt aber wohl eher daran, dass Twitter ein weitgehend geldfreier Raum ist, weswegen noch niemand auf die Idee gekommen ist, die existenzen Urheberrecht ernsthaft einklagen zu wollen.
Warum nun ausgerechnet Twitterer jetzt besser "mit unserer Eifersucht und Missgust umgehen können" als alle Milliarden Menschen vor ihnen; sorry, aber bei der Überlegung wie man auf die Idee kommen kann, ist mir nichts mehr eingefallen, was mit höflichem Umgangston vereinbar wäre.
Die moralische Position, dass ein Autor moralisch zwangsverpflichtet ist seine Leistung weiterzugeben, halte ich für mindestens fragwürdig, Es gibt einige praktischer Erwägungen, die dafür sprechen, dass Rechte kaum mehr durchsetzbar sind. Es gibt plausible moralische Erwägungen, warum ich selber meine Schöpfungen freigeben sollte. Aber die peinliche Beschimpfung und Verpflichtung anderer, dabei mitzuhelfen, dass dritte Geld verdienen? Ich fürchte ja eine tiefgründigere Argumentation als "alles Gnome" lässt sich dafür nicht finden.
Und nicht zuletzt, wie eine "Welt ohne Urheberrecht" aussieht, muss man nicht auf Twitter erfahren. Für eine Annäherung kann in der Welt der Rezepte/Kochbücher oder der Mode umsehen. Das ist eine Welt, in der es auf die Qualität eines einzelnen Produkts fast nicht ankommt, wo einem an jeder Ecke billiger Ramsch angeschmissen wird, und in der das einzige was zählt das Branding ist. Soll das erstrebenswert sein?
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