Die brandenburgische Steppe muß seltsame Kräfte des schriftstellerischen Kraftraubes aufweisen. Nachdem Dieter Moors mit seinem Brandenburg-Buch schon eher enttäuschte, habe ich die Suche nach dem netten Brandenburg-Roman fortgesetzt. Diesmal kam Roger Boyes' Ossi forever dran. Und, ähnlich wie bei Moor, ein eigentlich von mir sehr geschätzter Autor wird plötzlich kraftlos.
Boyes ist Korrespondet der Times in Berlin und schreibt eine von mir sehr geschätzte Kolumne im Tagesspiegel. Er hat einen echten Roman geschrieben, der davon handelt wie ein britischer Berlin-Korrespondent zusammen mit seiner deutschen Freundin ein Bed&Breakfast in einem Schloss im tiefen Brandenburg eröffnen will. Die Story unterscheidet sich nur marginal von Moor (statt britischen Journalist bei Boyes, ist es ein Schweizer Fernsehmann bei Moor, statt einem Bed&Breakfast ist es bei Moor ein Bauernhof), die Gegend weist Ähnlichkeiten auf (Ex-Militärflughafen bei Moor, Ex-russische Kasernen bei Boyes) und selbst die Eigenheiten der Bücher sind ähnlich.
Moor hätte vermutlich besser ein Buch über die Schweiz geschrieben - seine Beschreibungen dort sind treffend, bissig, spannend; Boyes eines über England oder Berlin - dito. Aber wenn es um Brandenburg geht, scheint die Steppe den Autoren alle schriftstellerische Kraft aus den Federn zu ziehen. Man kann ihr dabei zusehen, wie sie sich im Winde verliert, riesige Weizenfelder scheinen den schriftstellerischen Impuls zu schlucken. Da werden die Charaktere oberflächlicher, die Handlung zieht sich, was in unbrandenburgischen Teilen eine scharfe Beobachtung war, liest sich wie verschwommenes Hörensagen aus zweiter Hand.
Wo allerdings Moor anscheinend seinen Nachbarn nicht weh tun, und man deshalb des Eindruck hat, dass die spannendes Geschichten alle nicht im Buch stehen, geht es bei Boyes andersrum. Teilweise wird es, mit Verlaub, eher abstrus und mit einer Handlung bei denen man schon in westdeutschen 90er-Krimis zur Ex-DDR gedacht hätte "Ah ja."
Letztlich ist der Boyes damit noch unterhaltsamer als der Moor, ab und an gelingt es Boyes schöne Szenen und Beobachtungen einzuschmuggeln. Die britische Fontanegesellschaft ist ebenso wie der 17-jährige karibische Koch eine wirklich schöne Idee. Und wenn man sich entschließt Teile der Handlung zu ignorieren, ist es zumindest eine nette Unterhaltung. Nur auf der Suche nach dem guten Brandenburg-Roman bin ich weiterhin.
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