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Donnerstag, 2. September 2010

Der Drink dessen Namen nicht genannt werden darf (Update)

Damals als ich noch Jungvolk war, haben wir uns desöfteren auch mal in den Hamburger Sorgenbrecher gequetscht und zum Abschluss des Abends das ein oder andere brennende Ölfeld verkonsumiert. Mit zunehmender Weisheit haben ich dann gelernt, dass das brennende Ölfeld außerhalb des Sorgensbrechers Flaming B52 genannt wird. Damals vor zwei Jahren war eine solche Umbenennung ja eher eine Spielerei. Heute aber erklärt uns ja Thomas Hoeren in der Süddeutschen Zeitung, dass Urheberrecht und verwandte Rechte ein Massenphänomen geworden sind. Keine Wunder, dass sie ihre Rechtstentakel auch in den Bereich der friedlichen Abendgestaltung mit Cocktails ausdehnen.

The Atlantic schrub vor ein paar Tagen, dass auch Cocktailmixer sich Sorgen um ihr geistiges Eigentum machen und stärkeren Schutz einfordern. Ezra Klein widersprach dezent, TechDirt hyperventilierte erwartungsgemäß und scheint kurz davor eine Rettungsmission zur verwirrten Atlantic-Schreiberin zu schicken.

Immerhin, die fröhliche Verwirrung zwischen Urheber- und Markenrecht, die den Atlantic-Artikel durchzieht, spricht dafür, dass die Essenswelt bisher weitgehend IP-Sorgenfrei gelebt hat. Um sich Rezepte in ihrer Substanz schützen zu lassen, bräuchte man sowas abwegiges wie ein unklares Leistungsschutzrecht für Verleger. So bizarre Rechtsverdrehungen wären natürlich vollkommen unvorstellbar.

Gehen wir mal davon aus, dass man auch weiterhin Rum und Limettensaft zusammenschütten kann, ohne einen Abgesandten des kubanischen Justizministeriums am Hals zu haben. Wie ich aber schon mal kurz anriß, wenn Urheberrecht nicht geht, geht meistens Markenrecht. Niemand kann mir verbieten, einfach alle vorhandenen Alkoholika in einer Bar zusammenzuschüten. Theoretisch wäre es aber wohl möglich, dass ich das Ergebnis dann nicht mehr Long Island Ice Tea nennen darf.

Gerade bei Cocktails böte sich die Anwendung des Markenrechts an sich ja auch an. Cocktails leben ja nicht unwesentlich von ihren ikonischen Namen. Würde Mojito "Cocktail 8/45-b" heißen oder wäre "Sex on the Beach" als "Sorting Socks in the Attic" bekannt, wären sie eben nicht bekannt. Mit dem Markenschutz von Cocktails ist vermutlich Geld zu verdienen. Denn bei weitem nicht jede Bar legt die Erfindungsgabe für ein brennendes Ölfeld an den Tag, und die komischen Caipi-Stände auf den komischen Volksfesten hätten das Geld für die Lizenzgebühr sicher auch noch. Ich fürchte ja, ich sehe es kommen. Und danach schützen dann die Fernsehkochs ihre Rezeptnamen.

Kochen und Saufen ohne Sorgen um geistiges Eigentum? Das war einmal. Auf die Aussicht geh ich jetzt mal schauen, was wir eigentlich an Zutaten im Hause haben, und wo der Anzünder für den Gasherd ist.

Update: auch Gulli.com liest techdirt. Wenn auch langsamer ;-) Derweil hat The Atlantic schon wieder nachgelegt.

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