Artikel soll ich schreiben, meint Southpark. Dann bereichern wir dieses intellektülle Blog doch mal durch eine Bücherrezension, Thema heute: "Fahrzeuge".
Wer sich durch die Kinderbuchabteilung einer großen Buchhandlung wühlt, wird schnell bemerken, dass sich die meisten Kinderbücher für die Allerkleinsten ziemlich leicht schubladisieren lassen. Da gibt es die Schublade "Bauernhof" mit anhängendem Viechzeux, "Fahrzeuge", dazu etliche Spezialabhandlungen wie "Auf der Baustelle", "Bei der Feuerwehr" und "Bei der Polizei". Dann noch Tiere allgemein und für die etwas älteren noch Bücher über Lebenssituationen ("Im Kindergarten", "Im Krankenhaus", "Hansi bekommt ein Schwesterchen").
Ein weitere Kategorisierungsmöglichkeit bilden die eingebauten Special Effects: Schieber, Klappen, "Fühlbücher", Lautsprecher, Räder, Magnete oder Puzzleteile usw.
Wer also mit der Intention den Laden betritt, ein fahrzeugbegeistertes Kind mit einem Fahrzeugbuch zu beglücken, dem bietet sich eine riesige Auswahl. Und wer den Laden mit einem Werk wieder verlassen will, das tatsächlich fasziniert, tut gut daran, a) das in Frage kommende Werk tatsächlich zu lesen, b) es auf Kohärenz und inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen und c) sich zu überlegen, nach wie vielen Abenden wiederholten Vorlesens man es schreiend an die Wand wirft.
Beginnen wir mit den Büchern der Bodenklasse (das sind die, die nur aus dem Bücherregal gezogen werden und auf dem Boden landen, weil sie auf der Suche nach DEM BUCH im Weg sind):
"Tuk, tuk, macht der Traktor hier, auf dem Felde um halb vier."
"Wer ist da unterwegs" von Klaus Bliesener, Coppenrath 2009, China.
Vier Doppelseiten, Rennauto auf dem Titel, Hubschrauber, Feuerwehr, Traktor, Schiff, je mit Schieber zum Herausziehen.
Dieses Werk besticht durch seine poetische Qualität. So ist jede der arg simplen Zeichnungen mit eingängigen Versen beschriftet: "Tuk, tuk, macht der Traktor hier, auf dem Felde um halb vier." und "Feuerwehrmann Siggi rennt, denn ein Autohänger brennt."
Mama: weigert sich vorzulesen.
Kind: kann den gezeichneten Fantasietraktor keiner bekannten Marke zuordnen. langweilig.
"Die Feuerwehr", ein tönendes Bilderbuch. von Irene Mohr, Schwager & Steinlein Verlag.
Als besonderes Gimmick bringt dieses Buch einen Lautsprecher mit, der auf Knopfdruck Feuerwehrgeräusche produziert. Dieses Buch besitzt eine Handlung! Die Feuerwehr rückt aus, löscht die brennende Küche einer Familie (Vater, Mutter, Max) und rettet in einer dramatischen Aktion die Katze vom Dach ("Komm her, kleine Katze, alles wird gut.") Kam in gebrauchtem Zustand zu uns, der Knopf überlebte ca. 1 Woche, genauso lange hielt sich auch das Interesse.
Mama: langweilig
Kind: langweilig
"Erstes Lernen. Fahrzeuge". Dorling Kindersley 2009, China.
Hier "finden Kinder viele beliebte Fahrzeuge, die sie betrachten, suchen und benennen können", so der Klappentext. Diesmal keine Zeichnungen, sondern Fotos. Und auch keine Handlung, sondern nach Themen gegliederte Doppelseiten: Spielzeug, Autos, Räder, Lastwagen, Bagger und Laster, Baufahrzeuge, In der Luft, Zu Hilfe!, Auf dem Land, Auf dem Wasser, Auf den Schienen, Riesenfahrzeuge.
Dieses Buch leidet an einer mangelhaften Übersetzung – bei einem Bilderbuch ist das schon eine besondere Leistung. Nur eklatante Fälle wie das Polizeiauto wurden der deutschen Leserschaft angepasst, die abgebildeten Zugtypen darf man hingegen auf Gleisen in Deutschland vergeblich suchen, auch das Feuerwehrauto und die abgebildeten Lastwagen sieht man eher selten auf deutschen Straßen. Ob die gelegentlichen falschen Beschriftungen auch nur ein Manko der deutschen Ausgabe sind? Jedenfalls ist Vorsicht geboten beim Vorlesen, soll das Kind nicht auf Jahre hinaus Lader für Bagger halten. Daher ist das Urteil der Rezensenten diesmal gespalten:
Mama: Stirnrunzeln.
Kind: auch nach dem Zerfall in drei Buchteile immer noch eine beliebte Leküre, vor allem die Seite mit den Traktoren
"Alles, was Räder hat". Illustration: Monika Neubacher-Fesser, Text: Susanne Gernhäuser, Ravensburger 2007. Altersempfehlung 18-24 Monate
Auf fünf Doppelseiten werden Feuerwehr, Bagger, Müllabfuhr, Laster und Radlader, sowie Traktor gefeatured und überall gibt es was zum Schieben, Drehen oder Klappen. Die Texte sind nicht so schlimm, die Redakteurin möchte nur gelegentlich ein unnötiges Passiv anstreichen ("Heute kommt die Müllabfuhr. Mit lauten Geklapper werden die Mülltonnen in das Müllauto gekippt. Alle Kinder schauen zu."). Das Tolle an diesem Buch: Es ist wirklich solide gearbeitet und die Special Effects überleben die Bedienung durch Kinderhände jetzt schon über ein Jahr.
Mama: Als erstes Fahrzeugbuch ab ca. 1 Jahr zu empfehlen
Kind: Ja genau!
"Mein allerschönstes Autobuch" von Richard Scarry. Delphin-Verlag, 1979
Dieses Buch gibt es unverständlicherweise nur noch antiquarisch (Preis je nach Zustand 25 bis 90 Euro) oder in der englischen Originalfassung. Kam in bereits zerlesenem Zustand zu uns und hat seither schwer gelitten. Tja, wie beschreibt man die Faszination, die von diesem Buch ausgeht? Es ist subversiv. Es ist surreal. Es ist alles, was die braven und spießigen Tütenschubladenfertigfahrzeugbücher nicht sind. Es hat eine Rahmenhandlung (Familie Grunz macht einen Ausflug ans Mehr) und viele kleine Nebenhandlungen. Dingo, der Schrecken der Verkehrspolizisten fährt Parkuhren um und liefert sich über zig Buchseiten ein wildes Wettrennen mit Tessa, der Verkehrspolizistin. Benno fährt seinen Traktor in den Teich. Die Affen fahren im Bananomobil. Es gibt ausgekommene Dampfwalzen, Feuerwehrgroßeinsätze, Massenkarambolagen, fliegende Fische.
Mama: Als zweites Fahrzeugbuch ab ca. 2 Jahren zu empfehlen.
Kind: "Autobuch lesen". "Autobuch leeeeeseeeen". "AUTOBUCH LESEN!!1"
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