Heute morgen hat Ilse Aigner im Deutschlandfunk erklärt, dass sie sich vorstellen könne, dass es auch Menschen gäbe, die Google-Streetview positiv sähen. Ich staune. Vielleicht kommt ja doch noch Sinn in die Phantomdiskussion um Streetview.
Derzeit tritt zum einen die Politik an, die nicht schon wieder etwas Wichtiges im Internet versäumen möchte, und der man gerade in Zeitlupe dabei zusehen kann, wie sie anfängt, Streetview zu verstehen. Zum anderen sind dort netzgebundene Meinungsfreudige aktiv, die über Bedenkenträger lästern, kurz davor sind, Streetview zum Menschenrecht zu erklären und zumindest teilweise eine ebenso erstaunliche Fortschrittsgläubigkeit wie Arroganz spazierentragen.
Unter den Versuchen in die Privatsphäre einzugreifen, ist Streetview der banalste und einer der am wenigsten tatsächlich gefährlichen. Das Diskussionsniveau ist fraglich, ich bin schon bass erstaunt, wenn einer der Beteiligten mit dem Wort Panoramafreiheit etwas anfangen kann. Bei vielen der Streetview-Skeptiker habe ich den Eindruck, dass sie sich über etwas aufregen und etwas befürchten, was Streetview gar nicht kann. Andere aber schon. Nachvollziehbar ist das allgemeine Unbehagen, das sich nun ausgerechnet auf Streetview ergeht, allerdings.
Wenn ich mir ansehe, was an Daten im öffentlichen Raum noch kommt oder schon da ist, ganz zu schweigen von den weiteren Möglichkeiten, die Augmented Reality so bieten wird, sind mir da auch mehr als nur ein paar Anwendungen reichlich unheimlich und unsympathisch.
Der Grundgedanke, mal zu überlegen, wie wir mit reichhaltigsten Geodaten umgehen wollen, ist ein sehr richtiger. Ob wir wirklich wissen wollen, dass die Bekannte von der Cousine vor drei Wochen ein Bild ins Netz gepostet hat, wo die freundliche Arzthelferin, die mich gerade unterscht, über der Kloschüssel hing. Oder ob beim nächsten Gespräch auf dem Jobcenter der Fallmanager fragt, ob man endlich mal den Rasen ordentlich gemäht hat. Ob man sich im iBerry alle Häuser in 500 Metern Entfernung anzeigen lassen kann, deren Bewohner gerade weiter als 100 Kilometer weit weg sind? Ob man von der ARGE verpflichtet wird, jeden Tag von 8 bis 18-Uhr das Deutschland-Foursquare einzuschalten, wenn man weiter betreut werden möchte. Das sind Themen für deren Diskussion es wirklich Zeit wird.
So gesehen ist die Streetview-Diskussion zwar ein eher seltsamer aber dennoch guter Aufhänger. Jetzt wäre es die Zeit der technikaffineren Menschen die Diskussion dahin zu lenken, wo sie innerlich hingehört: wo fängt denn der private Raum an und wo endet der öffentliche? Sind allgemeine Informationen anders zu behandeln als ortsgebundene? Haben staatliche Stellen andere Zugriffsrechte als private und wenn ja, wie geht man damit in der OpenData-Diskussion um? Alles spannend, alles nötig, alles fraglich.
Und weil meine Freundin meint, ich soll nicht immer in halberklärten Metaphern sprechen, und größere Lücken durch gedankliche Sprünge verursachen: Sack. Esel. Schlagen.
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