Wenn also Günter Grass anscheinend nichts mehr durch Buchverkäufe verdient, muss er nicht "ein die Autoren schützendes Gesetz" fordern, und uns in Erstaunen darüber versetzen, was er denn nun genau meint. Besser wäre laut techdirt: er legt eine Günter-Grass-Kindertrommelserie auf. Für Connaisseure wäre auch vielleicht eine Andrzej-Stasiuk-Deutschlandkarte möglich.
techdirt schlägt ein System vor, bei dem der Wert nicht in der Schöpfung an sich liegt, sondern am Namen, den man dann mit besser kontrollierbaren Gütern verknüpfen kann. Einmal demonstriert techdirt-Autor Mike Masnick das am Beispiel des Plattenlabels Sub Pop, ein zweites mal durch das Unternehmen OpenSky, das Autoren hilft, dementsprechende Gegenstände zu finde.
Die Idee hat was für sich. Genug Labels und Musiker leben seit Jahre von dem System ebenso wie große Hollywoodstudios; die Modeindustrie sowieso. Groß in dem Geschäft sind auch die von techdirt wieder einmal zitierten Kochbuchautoren. Nicht zu vergessen facebook oder auch Wikimedia, denen ja die eigentlichen Inhalte auf ihren Websites nicht gehören, die damit aber trotzdem ganz erkleckliche Einnahmen erzielen.
Diese Ausweichbewegung ins Stoffliche scheint mir tatsächlich vergleichsweise erfolgversprechend zu sein, das Inrechnungstellen einer solchen Substitution schon bei der Konzeption eines Werks möglich. Und doch: ist das wünschenswert? Als Leser schließe ich mich ja dem dortigen Kommentarschreiber Michael Long an:
I want to read a book. I don't want a t-shirt. I don't want barbecue sauce. I don't want bottled water shipped to me at exorbitant rates via FedEx. And I don't want to attend an webinar or lecture or book signing for every single solitary author whose book or novel or series I happen to like. I just want to read books.
Als Käufer stofflicher Gegenstände möchte ich von meinem Wein, Tabak, Barbecue auch eher, dass sie schmecken und aus guten Zutaten gemacht sind, als dass sie ein Chris-Anderson-Endorsement tragen. Bei Lesungen und Signierstunden würde ich ja meistens eher Geld verlangen, als es dafür zu zahlen.
Als Autor frage ich mich, ob das nicht genau jene Mittelsmänner wieder ins Spiel bringt, von denen wir ja hofften, dass das Internet sie ausschaltet. Statt Verlegern und Lektoren kommen nun Merchandiseberater und Spreewaldgurkenendorsementagenturen. Ist das ein Fortschritt?
Und, wie ich ja auch schon mal anmerkte, geht natürlich eine Gefahr davon aus, wenn das einzelne Werk an Stellenwert verliert und das Autoren-Trademark gewinnt. Günter Grass, dem das Geld eh aus den Nasenlöchern kommt, wird sicher auch durch Edel-PFeifentabak noch ein gutes Zubrot einnehmen. Aber Andrzej wer? Hat Geistiges Eigentum sowieso schon immer Winner-Takes-It-All-Märkte geschaffen, dürfte die Ausweichbewegung ins Stoffliche den Trend noch verstärken. Mal ganz zu schweigen davon, dass ein Großteil des Geldes in Goethe-Wein oder Oscar-Wilde-Absinth gehen dürfte, und damit überhaupt keinen lebenden Autoren zugute kommt.
Ja, ich vermute, dass techdirt da einen erfolgversprechenden Weg in die Zukunft gefunden hat. Nein, ich glaube nicht, dass es einer ist, den ich sonderlich schätze.
Und wie kommt Dieter Moor in die Überschrift? Er hat mein letztgelesenes Buch geschrieben. Dieter Moor: "Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht" Nett, unterhaltsam, aber doch deutlich seichter als ich von ihm gedachte hätte. Eher zum verschenken, wenn man die Leute nicht so gut kennt und nichts schief gehen soll.
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